Zusatz

(zu 28. In den Sumpf gebannt, 29. Der Sühnteichhirte und Kapitel Wassergeister)

Was dem Norden Hel, das scheint den südlichen Germanen theilweise der Wassermann zu sein. Der deutschen Mythologie ist ganz entschieden eine Wasserhölle eigen, eine Feuerhölle scheint undeutsch. Der Wassermann ist der unersättliche, seine Behausung ein orcus esuriens (Grimm Myth. 291). Daneben besteht die deutsche Vorstellung von einem Zustande, den man ein Halbleben nennen könnte, ich meine die Idee der Entrückung und Verwünschung. Einen Ort der Qual und Strafe kennt die deutsche Naturreligion noch nicht. (Vergl. Gr. M. 761). Das nordische Nebelheim nähert sich unserer deutschen Wasserhölle, insofern jenes von lauschenden Wassern durchströmt ist. Die Idee von einer Feuer- und Pechhölle scheint dem Orient und den Slawen anzugehören. Zu dem was wir S. 358 erwähnten, ist noch beizufügen, daß in Mähren (im Znaimer Kreise) ein Dörfchen Peklo heißt, und ein Stein die Höllenstiege. Das Volk sagt, ein Mann, der die Teufel betrogen und den sie darum nicht in die Hölle aufnehmen wollten, sei vor Peklo versteinert worden.

Aus dem S. 153 ff. 161 ff. mitgetheilten und der folgenden Sage geht hervor, daß die in Haupts Zeitschr. 9, 175 fg. besprochene Wasserhölle bei den südlichen Stämmen ausgeprägter sich findet als bei den nordischen.

Ein Bauer aus Haugsdorf (Nied. Österr.) gieng einst zu dem Pulkau-Bache um sich da zu baden, wo der Wassermann schon viele Opfer verlangt hatte. Er glaubte an keinen Wassermann und gieng sorglos in die Tiefe. Da fühlte er, daß ihn jemand beim Fuße nach unten zog. Er konnte nicht widerstehen, wurde immer tiefer gezogen, bis er durch ein Loch gelangte, das sich dann wieder schloß. Als er zur Besinnung kam, sah er sich in einem schönen Zimmer, dessen Boden mit Fischaugen belegt war. Neben sich erblickte er den Wassermann, der redete ihn an: Fürchte dich nicht, deine Zeit ist noch nicht gekommen, ich wollte dir nur deinen Unglauben nehmen. Darauf führte er ihn in ein Nebenzimmer, wo lauter Töpfe stunden. 1) Eine Anzahl Töpfe waren umgestülpt, andere stunden nach auswärts. Der Bauer fragte den Wassermann was das bedeute, und dieser sagte, die umgestürzten Töpfe enthalten die Seelen der ertrunkenen, während die offenen dazu bestimmt seien, solche aufzunehmen. Neugierig fragte der Bauer, ob auch für ihn ein Topf da wäre. Da zeigte ihm der Wassermann einen offenstehenden in der letzten Reihe und bemerkte, sein Tod durch ertrinken werde erst nach zehn Jahren erfolgen. Der Wassermann öffnete einen andern Saal, wo Totengerippe an den Wänden lehnten. Die Wände des folgenden Zimmers waren mit Diamanten bedeckt, der Boden mit Gold und Silber. In der Mitte stand ein goldener Tisch, auf welchem aller Art Fische schon gekocht und zubereitet lagen. Der Wassermann forderte ihn auf sich Gold zu nehmen und von den Fischen zu essen; darauf ermahnte er ihn, daß es Zeit sei auf die Oberwelt zu gehen, indem der Morgen schon graue. Der Bauer gieng reich beladen zurück und gelangte durch das Loch auf die Oberwelt. Nach zehn Jahren ertrank der Bauer im Pulkau-Bache.

1) Vergl. S. 167 und 179.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 381f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Juli 2005.