Aus Fassa

Ein Mann ging einst mähen und legte sich abends auf das Heu schlafen. In der Nacht trat er einmal vor den Stadel hinaus und als er sah, dass der Mond so hell schien, rief er: "0 welch schöner Abend — o welch schöner Mond!" Aber in demselben Augenblicke riefen viele Stimmen: "Ja, aber es ist Nacht!" Es war ein Haufe von "bregostanö" (Diese "bregostanö" (auch bergostanö) sind nach Angabe meines Gewährsmannes menschenfressende Hexen, zuweilen jedoch auch guten Charakters) welche so riefen. Als der Mann merkte, dass sie näher kamen, ging er hinein und sperrte die Thüre. Die Hexen kamen und eine Hand griff hinein, um die Thüre zu öffnen. Aber der Mann erschrack nicht, sondern griff schnell nach der Sense und hieb die Hand ab. Am Morgen lag eine Menge von abgehauenen Händen im Stadel auf dem Boden, daran stacken alle Finger voll goldener Ringe und der Mann wurde reich.

Auf dem Wege nach Vigo heraus steht eine kleine Kapelle, davon wird Folgendes erzählt. Im J. 1809 kamen die Franzosen von Moena her und wollten durch das Thal heraufziehen. Aber die Muttergottes machte, dass sie den Weg verfehlten und als sie zu jener Kapelle kamen, wurden sie blind. Seit dieser Zeit hört man bei jener Kapelle zuweilen noch trommeln.

In Sent Ugiana (St. Juliana) war einmal ein Mann, welcher immer die Mauern der Kirche ("i mures dello löschio") beschädigen ging. Dafür holte ihn der Teufel. Aber Leute, welche nachts an der Kirche vorüber gehen, hören dort noch oft Kettengerassel.

Ein Mann, welcher vor dem Walde des Berges Allemar (zwischen Vigo und Deutschenoven) hauste, verrückte oft die Marksteine ("i termins"). Da fing er zu brennen an und viele Leute haben ihn so brennend bei der Nacht herumgehen gesehen.

Quelle: Chrsitian Schneller, Märchen und Sagen aus Wälschtirol, Innsbruck 1867, S. 226
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Helene Wallner, 2007.
© www.SAGEN.at