Der Alp im Pustertale

Man nennt im Pustertale und namentlich auch im Orbanttale den anderswo "Alber" benannten Bösen den "Alp", versteht aber nicht den drückenden Spuk, sondern: "Der Alp ist der leidige Satan, wenn er zur Nachtzeit auf einem feurigen Wagen durch die Luft fährt", würde ein Pustertaler sagen. Wohl sei der Alp auch mal eine große Feuerkugel und als solche mit glühend langem Schweif über das Tal gefahren. Auch gar oft saß der Teufel auf einem Baum grad am Weg und schlenkerte seine Bockfüße herab, so daß die nächtlichen Wanderer drunter hin mußten; solches war meistens auf die Gaßlgeher (Fensterler) gemünzt. "Hui, Buam!" sagte der Angermair Josls Sepp, wenn er über dergleichen Teufelspossen erzählte, was er auch gerne tat. "Hui, Buam! da schlug der Tuifl dem frischesten Gaßlgeher den Huf auf d' Nas'n oder sprang auf ihn, und nacha rauften sie miteinander, daß d'r Staub aufflog." Wenn ein Bub nicht zornig wurde und nicht fluchte, gewann er es jedesmal dem Höllenteufel ab, sogar den Schweif riß einer dem Schwarzen aus und schlug ihm denselben um den Grind (Kopf); seitdem hat er sich nicht mehr sehen lassen. Eine sehr wirksame Waffe war der "Teufelskluppstecken". Das war ein Stab, welcher vom Stamme eines Lärchenbaumes herausgekluppt (herausgespalten) werden mußte, wenn der Mond drei Tage unter der Erde versteckt ist, d. h. im Neumond. Es genügte auch manchmal der Stamm eines jungen Lärchbaums; mit solcher Waffe konnte man den Teufel überall herunterschlagen und wacker durchwichsen. Oft erschien der Teufel verkleidet, doch erkannte man ihn sogleich an seinem hohlen Rücken, denn er hat kein Rückgrat; an diesem hat Josls Sepp einmal einen ganz hübschen Jäger erkannt und durchgebleut, daß er fast hin geworden ist und geschworen hat, er sei kein Teufel, sondern ein Mensch wie er, aber Josls Sepp gab kein Pardon und ließ ihn endlich liegen - er war jedoch am ändern Tag verschwunden; 's war halt der Teufel.

In der Schale dieser bäurischen Sage steckt ein mythischer Doppelkern, wie in mancher Brechmandel. Der Name nämlich und der hohle Rücken. Alp ist hier Alf. Hohlrückig schildern die nördlichen Sagen uns alle Alfen und Elfen, alle Kobolde und Hinzelmänner, auch Moosleute und Wichtel. "Hohl wie ein Backtrog" ist nicht selten die in der Sage begegnende Bezeichnung der Beschaffenheit jener mythischen Wesen; doch hier blieben Name und Gestalt im Volksbewußtsein aus grauen Zeiten haften, aber der Begriff ging im Teufelsglauben unter, und nun muß der Teufel selbst der Alp oder aber der Alp der Teufel sein.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 320.