Der Teufelsstein im Rosental

Etwa eine halbe Stunde vor Wald öffnet sich das Rosental mit der Burgruine Hieburg und dem Teufelsstein; diesem Tale gegenüber erhebt sich der Mitterkopf, auf dessen Spitzen die Ruinen des in Schutt zerfallenen Schlosses Friedburg stehen. Von diesen Ruinen weiß die Sage gar Interessantes zu berichten.

Der vom Papst Honorius III angefachte fünfte Kreuzzug war durch den Frieden mit Sultan Malek al Kamel beendigt. Unter den rückkehrenden Streitern befand sich auch Diether von Friedburg, ein tapferer aber wüster Geselle, der den Kreuzzug weniger aus Frömmigkeit und Eifer für die Schlacht des Christentums, als vielmehr in der Hoffnung auf reiche Beute mitgemacht hatte. In seiner Heimat angelangt, leuchteten ihm die hellerleuchteten Fenster der Hieburg einladend entgegen und er beschloss, hier einzukehren. Gastfreundlich nahm ihn der Burgherr auf und fand nicht geringen Gefallen an den Erzählungen seines Gastes aus dem gelobten Lande und Italien. Bis in die späte Nacht pokulierten die beiden Ritter und als Diether am nächsten Morgen wieder scheiden wollte, da forderte ihn der Hieburger freundlich auf, doch noch länger zu verweilen und um so lieber willfahrte der Aufgeforderte diesem Wunsche, als er schon zu tief in die schönen Augen der holden Judith, der Tochter des Ritters von Hieburg, geschaut hatte. In heißer Liebe zu ihr entbrannt, warb einige Tage später um ihre Hand und die Jungfrau schien die Werbung des kaum dreißigjährigen Mannes gar nicht so unangenehm zu sein. Der Hieburger aber, dem Diethers zerrüttete Vermögensverhältnisse wohl bekannt waren, beschied ihn, dass er seiner verstorbenen Gemahlin das Versprechen gegeben habe, seine Tochter nicht vor dem vierundzwanzigsten Jahre zu verehelichen; übrigens müsste sein künftiger Eidam ein ihrer Aussteuer gleichkommendes Besitztum aufweisen können; es stehe Diether jedoch vollkommen frei, zu geeigneter Zeit seine Werbung zu wiederholen. Mit diesem nichts weniger denn trostreichen Bescheid kehrte Diether, im Herzen die verzehrende Liebe zu Judith tragend, in die Burg seine Väter zurück. Jahre vergingen, seine Lage wurde immer trostloser, die Gläubiger bedrängten ihn immer mehr und mehr, und gast schien es, als müsse er aller Hoffnung auf die schöne Judith entsagen, da eröffnete sich ihm eine neue Gelegenheit, der Bedingung des Hieburgers entsprechen und das Ziel seiner Wünsche erreichen zu können.

Friedrich II hatte aufs Neue den Krieg mit den lombardischen Städten aufgenommen und abermals folgte Diether den kaiserlichen Fahnen. Die Eroberung von Padua unter Ezzelius schien ihm die Pforte des Glückes zu öffnen, denn er erwarb reiche Beute und kehrte mit Schätzen beladen in seine Heimat zurück. Sein erster Ritt galt der Hieburg; allein wer malt sein Entsetzten, wer den Schmerz, der sein Inneres durchtobte, als er erfuhr, dass die holde Judith, der Gegenstand seiner langjährigen treuen Minne, des Ritters Konrad von Velben angelobte Braut sei. Wut und Rache im Herzen, kehrte er auf die Friedburg zurück und schon am nächsten Tage traf sein Absagebrief auf der Hieburg ein.

Mit dem Gelde, das er sich in Italien gesammelt, warb er die nötigen Mannen, überallhin flogen seine Boten, um Kampfgenossen zu gewinnen. Aber die meisten sagten ab, nur von wenigen unterstützt, zog er mit seiner Schar vor die Hieburg und begann dieselbe zu berennen, um mit Waffengewalt sich erzwingen, was ihm der Hieburger schnöder verweigert hatte. Aber an dem Mut der tapferen Hieburger scheiterte jeder seiner Angriffe.

Endlich, in einer finsteren Nacht, schien er sein Ziel zu erreichen. Während die tapferen Verteidiger der Burg, ermattet von den lange Kämpfen, kurze Ruhe pflegten, erstiegen Diethers Mannen die äußeren Ringmauern der feindlichen Burg. Schon drangen sie vorwärts, denn die aus dem Schlafe gestörten Verteidiger vermochten nur geringen Widerstand zu leisten, im nächsten Augenblick schien der Fall der Hieburg gewiss zu sein, da vernahm Diether in seinem Rücken das Schmettern feindlicher Trompeten. Konrad von Velben war es, der, dem Rufe seiner Geliebten rasch Folge leistend, das Hoflager in Salzburg verlassen hatte und nunmehr mit seinen Scharen zum Entsatz herbeigeeilt war. Neuer Mut beseelte die tapferen Verteidiger der Hieburg, von zwei Seiten zugleich angegriffen, wankten Friedbugs Haufen und nach hartnäckigem Kampfe, in dem er schwer verwundet wurde, musste Diether mit dem Rest seiner Kampfgenossen das Feld räumen.

Racheerfüllt sitzt der Ritter auf seiner halbverfallenen Burg, die Schätze, die er in Italien gesammelt, sind in jener Nacht in nichts zerronnen. Und dennoch lässt ihn der Gedanke an Judiths Besitz nicht ruhen, sein muss sie werden und wäre es selbst um dem Preis seiner Seele.

Finster vor sich hinbrütend, sitzt er, jeder Hoffnung bar, seine Rachepläne ausführen zu können in dem Ahnensaale seines Schlosses, da meldet ihm sein Knappe die Ankunft eines walischen Ritters, Della Branca. In schwarzem Samt gekleidet, auf dem schwarzen Spitzhut eine wallende rote Feder, tritt der Fremdling ein und empfängt aus Diethers Hand den Willkomm. Bei einem Humpen Wein wird Diether bald gesprächig und teilt dem Gaste sein Unglück, seine Rachepläne mit.

Teufel © Maria Rehm

Der Teufel mit Spitzhut und Samtwams
© Künstlerin Maria Rehm
© Viktoria Egg-Rehm, Anita Mair-Rehm, für SAGEN.at freundlicherweise exklusiv zur Verfügung gestellt

"Gold zwar" - spricht er - "und Silber vermag ich Euch nicht zu bieten, aber bedürft Ihr auf andere Weise meiner Hilfe, dann kommt um Mitternacht in das Rosental und ruft dreimal meinen Namen." Mit diesen Worten erhob sich Della Branca und reichte Diether seine Rechte, die dieser jedoch rasch zurückzog, denn seines Gastes Hand brannte wie das höllische Feuer. Unter donnerähnlichem Gepolter verließ hierauf der unheimliche Gast die Ahnenhalle.

Lange schwankte Diether von Friedburg, ob er zum Äußersten greifen und selbst sein Seelenheil opfern solle. Aber der Gedanke an Rache übertäubte jedes bessere Gefühl in seiner Brust. Zudem sollte ja schon in drei Tagen Konrad von Velben das einstige Ideal seines Herzens heimführen, da gab' s kein Säumen mehr.

In der Nacht vor dem verhängnisvollen Tage, an welchem Konrad in den Hafen seines Glückes einlaufen sollte, ritt Diether, nur von einem einzigen Knappen begleitet, in das Rosental. Seinen Gaul demselben überlassend, schritt er in die Finsternis und rief dreimal den Namen seines geheimnisvollen Unbekannten, dessen wahres Wesen ihm schon lange nicht mehr unbekannt schien. Della Branca erschien, nach wenigen Minuten war der Pakt geschlossen und mit den Blute Diethers besiegelt. In dem Augenblicke, da Konrad am Altare aus der Hand des Priesters Judith erhalten würde, sollte diese, sowie der alte Ritter, die Hieburg mit allen ihren Mannen vernichtet werden. Dafür hatte er dem Höllenfürsten seine Seele verschrieben.

Finster und in sich gekehrt, ritt Diether auf die Friedburg zurück und harrte mit Bangen dessen, was der kommende Tag bringen solle. Langsam schleppten sich die Stunden hin, und fast schien es, als wollte es nicht Abend werden. Endlich aber brach die Stunde, in der er Erfüllung seiner Wünsche finden sollte, an. Es litt ihn nicht mehr länger im Schlosse.

Vom Sulzbachtale her zogen schwere Wetterwolken sich zusammen, die den Tag in finstere Nacht verwandelten. Wilder Sturm heilte um die Zinnen der Hieburg; der Donner rollte und das tausendfache Echo erhöhte noch die Wildheit dieser Naturszenen. In Mitte der finsteren Wolkenmassen sah man aber einen ungeheuren Felsblock, von unsichtbarer Hand getragen, daherschweben. Fast hing er schon über der bedrohten Hieburg, da ertönte das geweihte Glöcklein der Schloßkapelle zum Bunde der beiden Liebenden. Sausend und zischend ließ Satan die schwere Last los, die gerade auf den harrenden Diether niederstürzte; ihr nach der Höllenfürst, der die dem zerschmetterten Körper entsteigenden Seele in den heißen Pfuhl der Hölle entführte.

Quelle: Karl Adrian, Alte Sagen aus dem Salzburger Land, Wien, Zell am See, St. Gallen, 1948, S. 58 - 62

Anmerkungen: Es gibt hier kein Tal Rosental. Sondern nur die Ortschaft Rosental. Es gibt zwar den Mitterkopf, ein markanter bewaldeter Berg zwischen Ober und Untersulzbachtal, die Ruine Friedburg ist aber auf der "Ostrippe des Rabenkopfes" (Lahnsteiner, 1956). Email-Zusendung von Werner Slupetzky, 24. April 2005.

- Der Name hat mit "Rosen" nichts zu tun. Er kommt von den Rössern, die früher auf den saueren Wiesen des Talbodens weideten. Der dazugehörige Berg nördlich davon hat seinen ursprünglichen Namen behalten: Rossberg.
Email-Zusendung von Helene Wallner, 25. April 2005.