Schloss Waisenberg
Burgruine Mittertrixen © Harald Hartman

Burgruine Mittertrixen, Mittertrixen, Bezirk Völkermarkt
Die Burgruine Mittertrixen befindet sich auf einem sich über die Talebebene kegelig erhebenden, bewaldeten Hügel. Urkundliche Erwähnungen gehen bis ins 14. Jahrhundert zurück.
Zwei Geschosse des Turmes, gotisch profilierte Portale und Fenster sowie Teile eines gratigen Kreuzgewölbes erhalten. (Dehio-Kärnten)
© Harald Hartmann, Jänner 2009

Die Volkssage erzählt, daß das Schloß Waisenberg von einem frommen Mädchen erbaut worden sei, dessen überaus dürftige Eltern beim sogenannten Waisenberger Teiche eine armselige Keusche bewohnten. Beide waren blind, und die Tochter mußte für sie und obendrein noch für ihren achtjährigen Bruder sorgen. Die holde Jungfrau war erfüllt von der Liebe zu den Ihren und sann bei Tag und Nacht, wie sie ihrer Not abhelfen könnte. Sie betete oft zum lieben Gott, ihr auf gerechte Weise wenigstens so viel Geld zu verschaffen, daß sie die bedauernswerten Eltern und den kleinen Bruder versorgen könne. Gott ließ sich durch das Flehen des unschuldigen Kindes erweichen, ihr Gebet fand plötzlich Erhörung. Im Traume erschien ihr ein würdiger Greis und hieß sie in der nächsten Nacht um zwölf Uhr mit einem Holunderzweige in der Hand auf das nahe Hügelchen gehen, an dessen Fuße das Häuschen ihrer Eltern stand; wo sich der Zweig zum Boden neige, solle sie nachgraben.

Und richtig! Sie tat, wie ihr befohlen, und fand an der bezeichneten Stelle so viel Gold- und Silbermünzen in der Erde, daß sie samt ihren Lieblingen genug zu leben hatte. Ja, die Jungfrau verfügte nun über solche Reichtümer, daß sie ein stattliches Schloß erbauen ließ, dem sie zum ewigen Andenken an ihr Erlebnis den Namen Waisenberg gab und es mit Untertanen versah.

Die Ruine des herrlichen Schlosses steht heute noch auf dem Hügel, der die Höhen von Trixen beherrscht. Vor Jahren befand sich über seinem Haupteingange noch ein Wappenschild aus weißem Sandstein, auf welchem das Mädchen mit seinem Bruder dargestellt ist; es hält einen Baumzweig in der Hand und findet eben den Schatz. Über dem Bilde steht die Aufschrift:

Anno MDIVC.
Orphanus huic arci nomen dedit. O Deus alme,
Ut pater illi es, sic hanc tuare domum

Darunter die deutschen Verse:

Vom Waisen hat sein Nam dieß Schloß,
O Gott, von Wundertaten groß.
Wie du der Waisen Vater bist,
So b’hüet dieß Haus zu jeder Frist.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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