Der Venediger im Maltatal

Einst kam ein altes Männlein, mit einem Rückenkorb beladen, von Venedig ins obere Maltatal, um hier Silber zu graben. Er kehrte in Malta ein und erbat sich von dem Bauer einen Knecht, der ihm bei seiner Arbeit helfen sollte. Rüstig schritt er dann selbander auf die Glockscharte und hielt nach anstrengender Wanderung vor einem großen Felsloch, aus welchem heller Goldschimmer drang. Da band er den Rückenkorb an ein mitgebrachtes Seil und ließ daran den Knecht in die Tiefe mit der Weisung, ihm das Erz aufzuladen, bis der Schatz gehoben sei. Der Knecht gehorchte und füllte einen Korb nach dem andern; endlich war die Höhle leer, und er rief unten: „Zieh mich hinauf, jetzt wollen wir den Schatz teilen!" Das Männlein aber wollte nichts von einer Teilung wissen, wälzte einen großen Stein auf das Loch und wanderte mit seiner reichen Beute davon. Der arme Knecht war nun lebendig begraben und begann in seiner Verzweiflung die große Höhle zu durchsuchen. Lange irrte er umher, da gewahrte er endlich einen schwachen Lichtschimmer und ging darauf zu. Längs eines schmalen Ganges tappte er sich ins Freie. Aber er befand sich in der Pärschütz und war somit durch den ganzen Faschaunereck gekrochen.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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