Wie man im Traum reich wird

Auf der rechten Seite des Möllfalles steht das Bauerngehöft „beim Tribuser“. Der Urgroßvater des jetzigen Besitzers befand sich in Not und sann beständig auf Mittel, wie er dieser steuern könnte. Arbeit und Ersparnisse reichten nicht aus, und in seinem Innern setzte sich die Überzeugung fest, daß ihm von anderer Seite Hilfe kommen müsse. Mit diesem Gedanken stieg er eines Abends zu Bett und schlief ein. Da belehrte ihn ein Traum, auf die Möllbrücke zu gehen, dort werde er einen Schatz finden. Das erstemal beachtete er die Ermahnung nicht, erst als sich der Traum ein zweites und drittes Mal einstellte, nahm er Zehrung in sein Reiseränzlein, schnallte dieses zusammen, nahm es über die Schultern und ging heimlich, ohne den Seinen etwas zu sagen, zur bezeichneten Stelle. Dort angelangt, lehnte er sich mit dem Ellbogen auf das Geländer der Brücke, schaute starren Auges hinab in die Fluten der Moll und überdachte mit kummervoller Miene und sorgengefurchter Stirne seine traurige Lage.

Wohl mochte er schon über zwei Stunden dort gestanden und bemerkt haben, wie Welle auf Welle verrann, nicht aber, wie die Zeit verfloß. Da richtete er sich auf, ein Blick zum Himmel schien noch einmal um Hilfe zu flehen, ein Seufzer entrang sich seiner Brust, darauf verdüsterte sich sein Gesicht vor Unwillen, daß ihn der Traum zum besten gehalten. In diesem Augenblicke ging ein Mann über die Brücke, der seinem Anzüge nach zu schließen ein Soldat war. Über das traurige Aussehen des Bauers erschreckt, meinte er, daß dieser sich mit Selbstmordgedanken beschäftige, und fragte ihn teilnehmend, was er hier tue und warum er so düster in die Wellen starre. Mitleid und Teilnahme öffnen das Herz. Tribuser erzählte seine Not und auch seinen dreimaligen Traum. „Ach was“, sagte der Urlauber - für einen solchen hielt er ihn - „geh mit deinem Aberglauben! Mir träumte auch, ich solle zum Tribuser gehen, dort würde ich im Herde einen Hafen mit Gold und Silber eingemauert finden, aber der Kuckuck weiß, wo dieser Tribuser lebt.“ Natürlich verheimlichte jetzt der Bauer seinen Namen, ging eilends heim, und schon in der zweiten Nacht, während die Hausleute schliefen, ward der Herd in aller Stille abgerissen und der Hafen mit dem goldenen und silbernen Inhalte gefunden.

Das Wohn- und Futterhaus wurde mit dem gefundenen Gelde neu hergestellt, die Gläubiger, um kein Aufsehen zu machen, nach und nach befriedigt, und noch jetzt sind die Erben dieses Mannes in Heiligenblut vermögliche Leute.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
© digitaler Reprint: www.SAGEN.at