Der Schimmelreiter

Außerhalb Maria-Elend gegen Westen breitet sich ein Blachfeld zur Drau hin, hie und da mit Baumgruppen bestanden. Mittendurch führt die Straße, weit und breit kein Haus, eine halbzerfallene Hütte abseits des Weges abgerechnet, die übrigens von jedermann gemieden wird. Unmittelbar am Ende des Dorfes steht ein Holzkreuz, ein anderes beim Abstieg in den Feistritzgraben. Auf der einsamen Strecke zwischen diesen beiden Wegkreuzen ist schon manchem nach dem Aveläuten ein Schimmel nachgefahren, der einen Karren zog, in welchem sich eine weiße Gestalt mit weitem Hute befand. Oft fehlt der Karren und dann sitzt die Gestalt mit dem weiten Hute auf dem Schimmel. Der Fußgänger tut dann wohl am besten, wenn er sich ins Geleise legt. Denn fängt er an zu laufen, so läuft ihm auch der Schimmel nach. Gar mancher Bauer weiß davon zu erzählen und meidet gerne Gang oder Fahrt in später Stunde. An den langen Winterabenden und besonders um die Weihnachtszeit ist der Spuk am tollsten. Oberhalb der langen Brücke, die über den Feistritzgraben führt, hört der Spuk auf, Schimmel, Karren und Fuhrmann verschwinden.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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