Die Marienstatue der Kirche in St. Johann im Rosental

Im Jahre 1891 wurde das fünfhundertjährige Fest zum Andenken an die Vertreibung der Türken aus St. Johann daselbst gefeiert.

Beim Umzüge um die Kirche trugen zwei Männer die Marienstatue, die in ihrem unteren Teile angeschwärzt, angeraucht war. Diese Tatsache wird auf folgende Weise erklärt. Als die Türken ins Land einfielen, wurde auch das Rosental nicht verschont. In St. Johann konnten sie hingegen nichts ausrichten. Der türkische Feldherr schickte nun, weil er erkannte, daß hier Maria geholfen, den Bewohnern sehr große, dicke Kerzen mit der Weisung, sie am Frauentag anzuzünden. Als die Leute die Kerzen am festgesetzten Tage anzündeten, fing Maria zu weinen an. Es hatte sich schon etwas Pulverdampf gebildet. Diese Kerzen waren hohl und bargen in ihrem Innern eine Menge Pulver. Die Umstehenden löschten sie noch zur rechten Zeit und so war die Gefahr beseitigt.

Vor dem Abzuge haben die Türken ein großes Feuer angeschürt und die hölzerne Maria daraufgeworfen. Sie brannte aber nicht. Darüber ergrimmt, gab ihr der Höchste einen Säbelhieb, worauf Blut zu rieseln anfing. Verwundert rief er aus: „Lie je lies, je božja hnada vmies", das heißt Holz ist Holz, Gottes Gnade ist drinnen. Darauf ließen die Türken alles stehen und zogen ab. Die Häuser und die Kirche wurden bald abermals aufgebaut. Die Muttergottesstatue wurde und wird noch jetzt von jedermann hoch in Ehren gehalten. Man versuchte wiederholt, dem noch jetzt sichtbaren roten Strich auf dem Gesichte Mariens seine frühere Farbe zu geben, doch es gelang niemals. - Zur Feier dieser merkwürdigen Begebenheit wird noch jetzt beim Kirchtag alljährlich das heilige Bildnis von vier weißgekleideten Jungfrauen herumgetragen. - Ein Bild aus dem 17. Jahrhundert, welches noch gut erhalten ist und in der Kirche des Ortes hängt, erinnert an diese Begebenheit.

Von St. Johann gingen die Türken weiter nach Suetschach. Hier wurden sie durch ein Wunder aufgehalten und konnten nicht weiter, ihre Pferde wollten in die Erde versinken. Seit jener Zeit heißt das Dorf sveče, svetiče = heiliger Ort; früher hieß es Verbize.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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