Die Kriegskasse der Franzosen

Im alten K... Hause (der heutigen Artilleriekaserne), einem ehemaligen Wirtshause, soll den Franzosen während ihres Aufenthaltes in Tarvis ihre eiserne Kriegskasse gestohlen worden sein.

Als die Franzosen von den Österreichern auf den Greutherhöhen plötzlich angegriffen wurden, stürmten die Franzosen, die im genannten Hause Rast hielten, hinaus, um sich zu verteidigen, ließen aber ihre Kasse ohne Aufsicht im Zimmer. Diese Gelegenheit benützten die Frau und ihr Knecht, um die Kasse mit dem Gelde zu verbergen. Sie warfen dieselbe in den Abort. Als nach der Rückkehr der Franzosen der Abgang der Kasse entdeckt wurde, erhielt der Knecht den strengen Auftrag, seiner Hausfrau zu sagen, daß man von ihr die Herausgabe der Kasse fordere, widrigenfalls sie erschossen werde. Der Knecht teilte dies der Frau mit und gab ihr den Rat, alles abzuleugnen, es werde ihr nichts geschehen, weil niemand den Diebstahl nachweisen könne. Als die Franzosen die Kasse nirgends finden konnten, forderten sie diese von der Frau. Weil sie leugnete, brachte man sie gefesselt auf eine Wiese und wollte sie erschießen.

Wie die Franzosen sahen, daß sie auch mit dieser strengen Drohung nichts ausrichteten, glaubten sie an die Unschuld der Frau und ließen sie frei, in der Meinung, daß die Kasse von den Österreichern gestohlen worden sei. Nach dem Abzuge der Franzosen wurde die Kasse emporgehoben, sauber gereinigt und des Inhaltes entleert. Auf diese Art soll die Familie reich geworden sein. Mehrere Stiftungen halten das Gedächtnis an diese reiche Familie wach; die eiserne Kasse befindet sich heute noch bei einem Besitzer in Tarvis.

Eine andere Sage erzählt, daß es mit dem Wohlstand der Familie K... bald wieder abwärts ging, da ihr die Kasse von einem alten Knecht gestohlen wurde. Dieser soll sie auf einem Wagen, im Heu versteckt, ins Rosental, in feinen Heimatort Oberferlach, gebracht haben. So erzählt der Wirt des nahe gelegenen Ortes Ledenitzen.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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