Die Glotten oder Glottelen

In Ober- und Unterkärnten ist der Glaube verbreitet, daß ungetaufte Kinder, solange ihnen der Himmel versperrt ist, in Gestalt großer schwarzer Vögel bei Nacht umfliegen und bei den Menschen Hilfe suchen. Im Mölltale heißen sie „Glottelan“. Manchmal begleiten sie die Wilde Jagd. Sie pfeifen in der Luft wie Menschen und stoßen unheimlich heulende Töne aus; erscheinen sie in der Nähe menschlicher Wohnungen, so künden sie einen Todesfall an. Wehe dem Menschen, der ihnen nachts in Wald oder Feld begegnet und ihren Ruf nachäfft: sie fallen über ihn her und richten ihn übel zu. Obgleich sie durch das Licht zu den menschlichen Wohnungen gezogen werden und diese in dunklen Nächten umflattern, leiden sie doch nicht, daß man sie mutwillig durch Feuer herbeilockt. Eine Sage aus Obervellach erzählt darüber: Eines Abends nach dem Gebetläuten schlugen mehrere Knaben mit glimmenden Holzspänen feuerrote Räder in der Luft und liefen dabei über einen Wiesenrain hinab. Da kamen von jenseits des Tales große schwarze Vögel (Raben) mit eisernen Schnäbeln geflogen und zerrissen mehrere Übeltäter, welche nicht schnell genug flüchten konnten.

Wenn jemand im Freien ein Feldfeuer entfacht und ihrer dabei spottet, so sind sie rasch zur Stelle und löschen es mit ihrem Flügelschlag aus. In derselben Nacht gelingt es dem Manschen dann nicht mehr, Feuer zu machen.

Quelle: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, Graz 1941.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Harald Hartmann, Februar 2006.
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