DER SCHATZ IN GESTALT EINES FEIGENBAUMES
Ein Besitzer des Temblhofes in St. Nikolaus ging eines Tages, es war
mitten im Winter, aus dem Wald nach Hause. Da sah er in einer wüsten
Steinöde einen schönen grünen Feigenbaum. Erstaunt trat
er näher, riß einige Blätter herab und steckte sie auf
seinen Hut. "Da werden die Meinigen schauen, wenn ich um diese Zeit
grüne Feigenblätter heimbringe", sagte er sich. Als er
heimgekommen war, fingen ihn aber die Hausgenossen an zu necken: Heute
gebe er's nobel, heute stecke er die Taler nur mehr auf den Hut u. dgl.
Er nahm den Hut herunter und sah, daß sich die Feigenblätter
in Taler verwandelt hatten. Sogleich eilte er zurück, fand wohl die
Steinöde, aber der Feigenbaum war und blieb verschwunden.
Quelle: Der Sammler, Beiträge zur tirolischen Heimatkunde. Hrsg. Franz Innerhofer, 5 Bände, Meran 1906/1911. Bd. II, S. 136