DER SCHATZ BEIM MICHAELERHOF

Der Michaelerbauer in Aicha pflügte eines Tages seinen Acker. Auf einmal wollte es mit dem Pflug nicht mehr vorwärtsgehen, die Ochsen zogen nicht mehr an. Der Bauer rief dem Knecht zu, die Ochsen vorwärts zu treiben, und der Knecht hieb unbarmherzig auf die armen Tiere ein. "Teufel, hü!" schrie der Knecht, und "hü, Tschugg, saggra, hü!" der Bauer. jetzt auf einmal zogen die Ochsen wieder, als wäre nichts gewesen.

Nun hatte aber der Pflug in die Hiengg (Handhabe) eines glockspeisenen Kessels voll Gold eingegriffen, der im Acker vergraben war. Einen Augenblick sahen sie die "Hiengg" und den Kessel und, weil sich der Deckel verschoben hatte, auch das Gold darin. Aber im Vorbeifahren verschwand der Kessel wieder und sank in die Tiefe, und sie hörten jemand über den Acker hinunter weinen und laut wehklagen. "Hättest du gesagt", rief es, "in Gottes Namen, so wäre der Kessel voll Gold dein gewesen und ich erlöst: jetzt muß ich wieder hundert Jahre büßen."

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 395 f.