DER HARTMANNSBRUNNEN

Ein heiligmäßiger Bischof, namens Hartmann, reiste über die Tierser Und Welschnofner Alm nach Fassa, Auf dem Wege, der über die Tierser Alm führte, kam er zu einem Brunnen und begehrte daraus einen Trunk, um seinen Durst zu löschen. Die Bauern, welche ihm als Wegweiser das Geleite gaben, erzählten ihm aber von der Schädlichkeit des Wassers und daß allerlei giftiges Gewürm im Brunnen hause. Wer von dem Wasser desselben trinke, müsse alsbald sterben, und schon viele seien davon zugrunde gegangen.

"Das ist hart für die Almleute", sagte der fromme Bischof, "weit und breit kein Wasser und dieser einzige Brunnen giftig. Das muß anders werden!" Darauf sprach er seinen Segen über das Wasser, und alles giftige Getier wich von Stund an. Das Wasser aber wurde überaus angenehm und erfrischend und bietet dem Wanderer, wie den Mälidern, welche diese Gegend besuchen, wunderbare Stärkung. Aus Dankbarkeit benannten die Leute den Brunnen nach dem gottseligen Bischof. Es gibt in der Tat weit und breit kein köstlicheres und gesünderes Wasser, als das vom Hartmannsbrunnen auf der Welschnofner Alm.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 332 f.