DAS VOLLE WEINFAß

In Viums war 1809 der Seelsorger vor den Franzosen entflohen, jedoch die Häuserin zurückgeblieben. Von dieser verlangten die Franzosen, als sie abzogen, daß sie ihnen ein Faß Wein, das im Keller lag, mitgebe. Als sie sich weigerte, drohten sie mit Anzünden, wenn das Faß nicht bis zum Abmarsch bereitstehe.

Da kam die Häuserin auf den Einfall, den Brunnen, der oberhalb des Kellers stand, in ein leeres Faß zu leiten, dann schlug sie den Spund zu und goß ein Glas Rotwein darüber. Als nun die Franzosen kamen, meinte sie, sie habe sich besonnen und gebe das Faß gutwillig her, denn es sei besser, die jungen Leute trinken den Wein, als ihr alter Pfarrer. Mit großer Vorsicht hoben die Soldaten das Faß auf den Wagen und fuhren davon. Die Häuserin fürchtete aber den ganzen Tag, daß sie wieder zurückkämen und ihre Drohung wahrmachten. Wäre dann übel gespart gewesen.

Quelle: Der Sammler, Beiträge zur tirolischen Heimatkunde. Hrsg. Franz Innerhofer, 5 Bände, Meran 1906/1911. Bd. I, 4/13