DER LAUTERFRESSER ALS WETTERMACHER

Einmal ging er als Hausierer herum, der Lauterfresser, und handelte mehr mit Schelmerei als mit Kaufmannsware. Er kam auch in die Vintl und fragte nach dem Gemeindevorsteher. Nun muß man aber wissen, daß er einen "Pick" (Zorn) hatte auf die Vintler und darauf aus war, ihnen eins aufs Dach zu geben. Ging also zum Dorfmeister und schacherte eine Weile mit ihm. Darauf hob er an, vom Wetter zu reden, und wie es alleweil nicht das rechte gäbe, wenn sie ihn gut bezahlen würden, wollte er ihnen schon ein besseres machen. Ob er denn Wetter machen könne? fragte erstaunt der Vorsteher. "Freilich", sagte der Schalk, "freilich kann ich's, sonst hätt' ich mich nicht angetragen; aber es ist nur euch zulieb; ich hab' wohl im Hergehen gesehen, daß eure Felder Hunger haben." Dem Vorsteher. auf dessen Feldern selber das Wachstum noch weit zurück war, leuchtete der Vorteil sogleich ein, und er fragte den Schelm, wieviel er fürs Wettermachen begehre. Nur so viel, sagte der Lauterfresser, daß es gerade die Kosten trägt, bis die Sache recht im Gang wäre, alsdann verlange er gar nichts mehr. "Und das wäre?" Das wäre so etwa ein Gulden für den Tag, und zehrungsfrei im Wirtshaus müßte er auch sein.

Gut, der Vorsteher versprach ihm den begehrten Lohn und quartierte ihn auf Gemeindekosten im Wirtshaus ein.

Jetzt ging das Wettermachen an, aber auch die Schelmerei des Wettermachers kam an den Tag. Denn er wußte, daß die Bauern mit dem Wetterbestellen nicht einig würden. Wenn er frühmorgens heitern Himmel machte und bloß ein paar Wölklein dran, so war's den Sonnenseitlern alsbald zu warm und zu trocken, und wenn er die schweren Wetterwolken oben herüberschob und den Regen losließ, da war es den Schattenseitlern geschwind zu naß und zu kalt.

Und sie kamen zuletzt vor Galle gegeneinander zum Dreinschlagen, so daß die blauen Köpfe wohlfeil wurden. Der Lauterfresser sagte, daß es mit dem Wetter selbst der Herrgott den Leuten nicht recht machen könne, nahm das ausbedungene Geld und machte sich davon.

Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 173 - 185