Das Girtlerkreuz
Ein Girtlerbauer auf Flans hatte an einem Sterzinger Markt Vieh verkauft und befand sich mit dem Gelde am Heimweg. Unter dem Sprechensteiner-Kofl vertrat ihm plötzlich ein wilder Mann den Weg. Er fiel den Bauern mit einem Messer an und versetzte ihm einen Stich in ein Bein.
Zu seinem Schrecken bemerkte der Girtler auch von der anderen Seite einige Banditen auf sich zukommen, denen der erste Angreifer etwas zurief. In der Verzweiflung gelobte nun der Bedrohte, an jener Stelle ein schönes Kruzifix errichten zu lassen, so ihm Gott aus der schweren Bedrängnis helfe.
Er sah noch, wie mehrere Männer auf ihn eindrangen, dann wurde ihm schwarz vor den Augen. Als er nach einiger Zeit wieder zu sich kam, befand er sich auf der anderen Seite des Eisacks, weitab vom Überfallsorte. Hätte er nicht seine Verwundung verspürt, glaubte er geträumt zu haben. Zum Dank für seine wunderbare Rettung erstellte er das Mahnmal unterm Sprechensteiner-Kofl, genannt das Girtlerkreuz. -
In den letzten Kriegsjahren (1944-1945) wurde die ganze Umgebung zu wiederholten
Malen durch Bombardierungen des damaligen Militärbahnhofes förmlich
umgepflügt. Das Girtlerkreuz selbst blieb als einziges Objekt erhalten.
Wohl wurde die Einfassung und das Dach des Kruzifixes vollständig
weggerissen, der Christus jedoch ragte weiterhin mahnend in die traurige
Landschaft und hatte nur drei Finger eingebüßt.
Quelle: Fink, Hans, Eisacktaler Sagen, Bräuche und Ausdrücke. Schlern-Schrift Nr. 164, Innsbruck 1957, S. 34