DER SCHATZ BEIM EISENSTECKEN
Einem Eisenstecken zu Villanders träumte zu wiederholten Malen, er solle nach Bozen gehen, dort werde er auf der Feigenbrücke eine neue schöne Geschichte hören.
Als ihm dreimal derselbe Traum gekommen war, leistete er ihm endlich Folge. Er machte sich eines Morgens auf den Weg und eilte zur Feigenbrücke, wo er aber keine Seele fand. Als er schon eine Zeitlang dort gestanden war und nach allen Seiten schaute, kam ein altes Weiblein und fragte ihn, was er suche. Er erzählte ihr nun den Traum, und sie sprach: "Das ist doch ein wunderliches Ding um die Träume! Mir hat auch oft geträumt, daß beim Eisenstecken unterm Herd ein Hafen voll Gold verborgen sei. Ich weiß aber selbst nicht, wo der Eisenstecken ist."
Das Weiblein ging seiner Wege, und der Eisenstecken wartete auch nicht
mehr lange, denn er hatte schon genug gehört. Er ging heim und grub
noch am nämlichen Tage nach dem Schatze. Das Weiblein hatte ihn auch
nicht betrogen, denn er fand unterm Herd richtig einen ganzen Hafen voll
Gold! (Villanders.)
Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 623, S. 353