Terlan / Südtirol

Die günstigen Bergbau-Erfolge im nahen Nals und die daselbst gemachten reichen Erzfunde ermutigten auch an anderen Orten nach Erz zu suchen. So zog auch ein armes Bäuerlein einst auf die Höhen ob Terlan und suchte nächst dem uralten St. Peterskirchlein Tag für Tag die Spalten des kalten Porphyr-Gesteins nach Erzspuren ab. Doch vergeblich war sein Mühen und immer wieder kam er mit leeren Taschen heim. Gar traurig saß er eines Tags unter dem Holerstrauch und verwünschte sein Mißgeschick. Da erschien ein alter, grauer Mönch mit langem, wallendem Barte und brauner Kutte, der ihn wohlwollend ansprach, seinen Mangel an Gottvertrauen und seinen Kleinmut rügte und ihm auftrug, den Holerstrauch auszuroden, worauf er das Gesuchte finden würde! Das Bäuerlein tat, wie ihm der Mönch befohlen und siehe da, an den Wurzeln des Strauches hingen zarte Silberfäden wie feine Gespinste, die einem derben Erzstock entsproßten. Dies geschah um das Jahr 1500 und bald hernach wurde hier eine Grube, die „Holerstaude" genannt, eröffnet, die bald einen reichen Ertrag abwarf. Das hier gewonnene Erz hielt 5 Prozent Silber nebst großen Mengen von Bleimetall und bald zählte man an der Gebirgslehne ob Terlan, die man noch heute mit „Silberleithen" bezeichnet, 30 ganghafte Gruben, deren Betrieb sich bis zum Jahre 1653 aufrecht erhielt.

Quelle: Max v. Isser, Sage und Geschichte über die Entdeckung der Tiroler Bergwerke. In Sammler 1 (1906/07), Heft 11, S 8f.
Zitiert in: Gerhard Heilfurth, Bergbau und Bergmann in der deutschsprachigen Sagenüberlieferung Mitteleuropas, Band 1 - Quellen, Marburg 1967, Nr. 37, S. 245, "Fundweisung durch Heilige und Mönche".