David auf dem Dachboden
Es war einmal in einer kleinen Stadt ein Junge namens David. Er lebte in einem kleinen Haus am Stadtrand. An einem regnerischen Tag kletterte er auf den Dachboden und suchte nach seinem Ball. Aber der Ball war nicht da. Als er sich gerade umdrehen und weggehen wollte, erschien ein helles Licht. Er drehte sich um und sah einen Stapel Spielkarten aufleuchten. Er nahm die Karten in die Hand und, als wären sie verzaubert, wurde er in die Karten hineingezogen. Er war bewusstlos. Er war nicht mehr auf dem Dachboden, er war im Land der Karten.
Es war ein ungewöhnliches Land. Er traf Ritter, Zauberer, Drachen,
Gnome und Trolle. Er kuckte sich jeden Drachen genau an. Einer der Trolle
blieb stehen, sah David an und nach einer Weile verbeugte er sich tief.
"Stets zu Diensten, gnädiger Herr" was aber nur schlecht
zu hören war, denn sein Mund war voller Gras, weil er mit dem Kopf
so weit nach unten hing. "Ich bin der Waldemar von Katmandu und der
Herr dieser Domäne." Ruckartig kam er wieder nach oben, spuckte
ein paar Grashalme aus in hohem Bogen und blickte David grimmig in die
Augen. "Sagt an mein Herr, was ist Euer Begehr? Los, sagt es schnell,
sonst mache ich Euch einen Kopf kürzer."
"Ich
ich
weiß
nicht
genau"
stotterte David und duckte sich vorsichtshalber. Doch da fiel es ihm wieder
ein. "Ich bin auf der Suche nach dem Drachen, der die Königin
entführt hat."
"Vor langer Zeit" antwortete der Troll und lächelte "gab
es einen Drachen, der in der Finsternis lebte. Er verbreitete Angst und
Schrecken im ganzen Land."
"Das ist interessant" antworte David artig: "Aber ich will
nichts wissen von alten Geschichten, ich suche den Drachen, der die Königin
entführt hat!"
"Wenn das so ist" grummelte der Troll und machte einen auf beleidigt
"dann schau hinter dich. Vier Meilen von hier entfernt siehst du
ein Schloss, wenn du dort bist, bist du da und hast den Drachen gefunden.
Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Vielleicht ist er schon gestorben.
Vielleicht hat ihn ein anderer Drache aufgefressen. Aber jetzt muss ich
los, denn ich bin der Herr dieser Domäne und meine Trollkollegen
davorn, Ihr müsst wissen edler Herr, ich bin ihr Beschützer,
denn sie sind ein bisschen dumm im Kopf und wenn man nicht aufpasst reden
sie den lieben langen Tag Unsinn oder sie lassen sich vom bösen Wolf
fressen und nun muss ich los, gehabt Euch wohl und rettet die Königin,
denn sonst fällt morgen die Schule aus und
und
und
" Er hätte wohl noch viele Stunden so gestanden und geredet,
aber David unterbrach ihn, bedankte sich höflich und machte sich
auf den Weg. Er hatte schließlich noch einiges vor und in einer
halben Stunde gab es Mittagessen.
Wohl an die drei Stunden musste David laufen, dann war er angekommen
am Schloss. Es sah schon von außen entsetzlich ungemütlich
aus. Als er anklopfte an die große Tür. Die ging gar gleich
von selber auf und quietschte haarsträubend. Doch David ließ
sich von alledem nicht abschrecken und marschierte schnurstracks in den
Thronsaal. Dort stank es absolut ekelhaft und auf dem Boden lagen überall
abgenagte Knochen. David wurde schlecht. Aber da musste er doch, denn
rechts neben dem Drachen in einem kleinen Käfig, da saß die
Königin und war halb verhungert.
"Ich bin jetzt da" sagte David zum Drachen, im Gesicht mindestens
so grün wie der Drache am ganzen Körper. "Ich bin gekommen,
die Königin zu holen, denn sie fehlt in ihrem Land und so geht das
nicht weiter!" Er zückte seine Karten als wären sie eine
Waffe. "Ich fordere Sie heraus, wir spielen um die Königin und
das sage ich dir gleich, ich werde gewinnen Sie faltiger alter Grünsack,
Sie haben keine Chance!"
Das konnte der Drache nicht auf sich sitzen lassen und holte auch seine
Karten. Doch als er sie zählte, da fehlte eine. Er war blamiert bis
auf die Knochen, denn wenn einem eine Karte fehlt, dann hat er schon verloren,
denn man muss auf seine Karten aufpassen.
"Wenn ich" begann David bedächtig "ich Ihnen die fehlende
Karte gebe, lassen Sie die Königin frei!"
"Kommt überhaupt nicht in Frage" antwortet der Drache lässig.
"Ich mache dir ein Angebot: gibt mir die fehlende Karte und spiele
um die Königin. Wenn du gewinnst, kannst du sie mitnehmen, ich mag
sie nicht mehr. Wenn du aber verlierst, dann fresse ich euch beide auf!"
Der Diener des Drachen legte das Kartenfeld auf den Tisch. Sie legten
die Karte auf die Seite. Der Drache fing an. Er zog 5 Karten und spielte
eine sehr starke Karte, mit dem er die Lebenspunkte des Jungen angriff.
"Du hast nur noch 1000 Lebenspunkte" sagte der Drache. David
darauf setzte eine noch stärkere Karte. Jetzt gewann David. Der Drache
hatte fast verloren. Er zog eine Karte und legte sie auf das Spielfeld.
Dann sagte er: "Du hast verloren!"
David erschrak, denn damit hatte er nicht gerechnet. In diesem Moment
steckte im die Königin im Käfig eine Karte zu und flüsterte:
"Die gehörte meinem Sohn, ihm brachte sie kein Glück, aber
du kannst damit gewinnen." David fing die Karte auf und legte sie.
Und tatsächlich, die Karte schlug alle Karten des Drachen. Er zerfiel
auch prompt in 1000 Teile und das Schloss fing an zu wackeln. Auch der
Käfig zerbrach. Die Königin war befreit. Nun rannten sie schnell
aus dem Schloss und noch weiter bis hin zu einem kleinen Wald. Dort setzten
sie sich auf den Boden und verschnauften. Dann holte David seine Karten
und legte sie auf den Boden.
"Majestät" sagte er "strecken Sie Ihre Hand in die
Karten." Die Königin wunderte sich sehr, aber sie tat, was ihr
Retter verlangte, denn sie vertraute ihm. Da wurde die Königin hineingezogen
in die Karten, wirbelte hierhin und dorthin und landete schließlich
in ihrer eigen Zeit, in ihrem eigenen Land, in ihrem eigenen Schloss,
in ihrem eigenen Bett. Und als sie plötzlich aufwachte, merkte sie,
dass es nur ein Traum war.
Quelle: Nadim Aocan Chahour, Schüler der 3. Grundschulstufe, Schulprojekt "Die Karten von Duun-Ca-Doh" (der gleichnamigen Ausstellung im April/Juni 2004, Berlin), Emailzusendung im April/Mai 2005