THEATER UND DICHTUNG
Von Jungfrauen, schröcklichen Raubrittern und edlen Freiheitshelden
»Jeder Tiroler wird als Schauspieler geboren«, hat einmal
ein Fachmann auf diesem Gebiet gesagt. Und es stimmt wirklich: Die Leidenschaft
fürs Theater und die Begabung, auf der Bühne zu agieren, sind
fast eine Tiroler Nationaleigenschaft. Dementsprechend geht die Geschichte
der Laienschauspiele und der Bauernbühnen bis ins Mittelalter zurück
und konnte auch durch obrigkeitliche Verbote nicht unterbrochen werden.
Zu diesen Verboten kam es in der Aufklärungszeit, weil Bürger,
Bergknappen und Bauern für ihre Spiele hauptsächlich religiöse
Themen wählten, Legenden von heiligen Jungfrauen und biblische
Stoffe, was von den gestrengen Zensoren der Volkskultur als unwürdig
empfunden und verurteilt wurde. Man ließ sich aber in Tirol beim
Theaterspielen nicht stören. Allerdings spielte man mehr und mehr
Ritterstücke, später auch Szenen aus den Freiheitskriegen.
Auch rührselige Alltagsdramen wurden auf die Bühne gebracht.
Vielerorts z. B. Innsbruck - spielte das Puppentheater eine wichtige
Rolle.
Das Tiroler Volksschauspiel erlebte um 1900 durch die Gründung
der Exl-Bühne und durch die beiden Dichter Kranewitter und Schönherr
einen Höhepunkt, der in die deutsche Literaturgeschichte eingegangen
ist. In unserer Zeit machen an die hundert Volksbühnen im ganzen
Land und einige erfolgreiche Autoren der alten Theatertradition alle
Ehre. Unter den religiösen Volksschauspielen haben sich die Passionsaufführungen
von Erl und Thiersee bis heute erhalten.
Figur des Teufels von einem alten Puppenspiel aus Hall in Tirol.
© Tiroler Volkskunstmuseum, Bildarchiv
Bauernbühne in Mils bei Hall i. T. (Ausschnitt aus einer Lithographie
aus der Zeit um 1830) und Gruppenfoto anläßlich der Gründung
der Exlbühne im Jahr 1902. Sie gab dem Tiroler Volksschauspiel
neue Impulse.
© Haymon-Verlag, Bildarchiv
Passionsspiele in Erl bei Kufstein. Szenenfoto und Blick auf das moderne
Spielhaus dieses traditionsreichen Passionsortes.
Szenenfoto einer Passionsaufführung in Thiersee,
ebenfalls bei Kufstein. Wie in Erl wurde auch hier der Inszenierungsstil
in letzter Zeit immer mehr vereinfacht.
© Tiroler Fremdenverkehrswerbung, Bildarchiv