Altfinstermünz
Altfinstermünz - "Fines tra munt" (Fines intra montes), "Vinestana munitio" (=Vinschgauer Feste), Castrum Luech in Vinstermicz, Vinestana silva mons dictus Vinstermincz, ponte de Vistemeza ultra, Finstermüntz: aus lateinisch: VENUSTAE MUNITIO 'des Vintschgaus Klause, Sperre', Vinsterwald = Wald der Venosten. 6)

Es ist heute kaum vorstellbar, daß sich der gesamte Waren- und Personenverkehr über den Reschenpass bis 1854 durch die Brücke der Festung Sigmundseck, 1473 von Herzog Sigmund dem Münzreichen erbaut, quälte. Von der Festung Altfinstermünz führte die Via Claudia Augusta bzw die alte Straße bis 1854 als bis zu 6 m breite Hangstraße ohne Kehre hinauf zur Festung Nauders, dem antiken Inutrium. 1)

Die Tirolisch landesfürstliche Grenz- und Zollburg ist 1263 urkundlich erwähnt, unter Herzog Sigmund erfolgte um 1472 ein vollständiger Neubau und Umbenennung in Sigmundseck. Unter Kaiser Maximilian I. Erweiterungen, 1779 als Zollburg aufgehoben. 2)

Im Jahr 2002 wurde auf Anregung von Robert Klien der Verein Altfinstermünz gegründet, der die Anlage gekauft hat. 6)

Bis 2013 wird die Anlage in eine historische Erlebniswelt umgebaut. Dazu wird die Naturhöhle und der unterirdische Gang ausgebaut, ein Platz mit Sagen- und Märchenwesen (?) und ein Schrägaufzug nach Hochfinstermünz errichtet. 4)

Finstermünz © www.SAGEN.at

Finstermünz
Dreigeschossiger Brückenturm, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts mit Wellenbrecher. Unter dem Pyramidendach Zinnen. Rundbogige Tordurchfahrt mit beiderseits ansetzender gedeckter Brücke. Über dem westlichen Tor Pechnase. 2)
Rechts Turm Sigmundseck, der nur über unterirdischen Gang erreicht werden kann. 3)
Deutlich sind auf der rechten Seite der Brücke die Verbreiterungen im Felsen für die zeitweise höher gelegte, als auch der Felsenbehau der früher tiefer gelegenen Brücke zu erkennen.
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Finstermünz © www.SAGEN.at

Links im Bild Teile der Höhlenburg, die 1263 erstmals als castrum Luech (lug = Höhle) in Vinstermünz genannt wird. 3)
Ost-Wand Wehrmauer mit Schießscharten.
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Finstermünz © www.SAGEN.at

Finstermünz
Auf dem Brückenturm sind unterhalb der Holzbrücke deutlich Massnahmen zur Erhöhung des Brückenniveaus erkennbar. Wie am nächsten Foto sichtbar, lag die Brücke teilweise noch höher. Durch diese Arbeiten wurden leider die Fresken am Brückenturm zerstört.
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Finstermünz 1932

Foto von Alt-Finstermünz 1932 (Ing.Baller)
Auf dieser Aufnahme ist die wesentlich höher gelegte Brücke im Brückenturm zu erkennen.
Die Fassade ist bis knapp unter die Pechnase ausgebrochen, die Brücke ist zu diesem Zeitpunkt ungedeckt.
Im Bildhintergrund der heute abgerissene Zubau beim Südturm (Zollhaus) und rechts hinten die Pferdeställe.
Im Zollhaus war bis zum Jahr 1853 auch ein Gasthaus untergebracht, das das Schild "Zur goldenen Krone" führte. Hier hielten die Fuhrleute Rast. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde dort auch Bier gebraut. Quelle: 5)

Alt-Finstermünz um 1600.. Zeichnung von Burglechner

Alt-Finstermünz um 1600
Zeichnung von Burglechner. Quelle: 5)

Johann Jakob Staffler, Das deutsche Tirol und Vorarlberg topographisch, mit geschichtlichen Bemerkungen, 1. Band, Innsbruck 1847, S. 188:

"Nördlich 5/8 St. von Nauders hinab, wo sich die Post-Strasse gegen Pfunds sehr verengt, bemerkt man die Trümmer einer alten Verschanzung, die sich von der rechten Seite des Stillebachs an das östliche Hochgebirge hinaufzog, die Niklas-Mauer genannt. Die Zeit der Erbauung ist unbekannt. In den letzen Jahren ist in dieser Gegend, jedoch am linken Ufer der Gebirgswand entlang, ein wichtiges fortifikatorisches Werk zur Sperrung der Strasse angelegt worden. - Etwa 3/4 St. darunter gähnt der furchtbare Engpaß Finstermünz, 3093' über dem Meere. Eine bedeckte Brücke führt auf das linke Innufer. Aus dem heutigen Flußbette ragt noch ein alter viereckiger Wartthurm hervor zur Plage des durchziehenden schweren Fuhrwerkes, dessen Entfernung schon vor Jahren beschlossen wurde. An der östlichen Felsenwand sieht man die morschen Reste von Sigmundseck, wie hingeklebt, eines vom Herzoge Sigmund aufgeführten Gebäudes, darunter ein verwahrlos'tes Kirchlein, und neben der Brücke ein Wirthshaus mit einer Bierbrauerei in schlechtem Betriebe. Vom jenseitigen Innufer führt ein beschwerlicher, nicht gefahrloser Gebirgspfad über die Schweizer-Gränze nach Engadin, der berüchtigte Novella- (im Volke Rebell-) Steig, von Schleichhändlern viel betreten. - Nordwestlich von der Finstermünzer-Brücke, am Ausflusse des Schalklbaches steht der Schalklhof, wo sich, wie in Finstermünz, ein Gränzwacheposten befindet."

Schalklhof © www.SAGEN.at

Grenzposten Schalklhof
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Finstermünz © www.SAGEN.at

Finstermünz
Die Holzkonstruktion der Brücke wurde 1948/49 erneuert.
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Finstermünz © www.SAGEN.at

Mariä-Himmelfahrts-Kapelle, errichtet 1605.
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Finstermünz © www.SAGEN.at

Kreuzgratgewölbe und Altar von 1696, Andreas Thamasch zugeschrieben. 2)
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

 

Finstermünz © www.SAGEN.at

Auf der Südseite der Burganlage im 3. Obergeschoss Pechnase mit Schlüsselscharten auf gestuften und profilierten Kragsteinen. Unter dem Satteldach Wehrgeschoss mit Zinnen. 2)
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Finstermünz © www.SAGEN.at

Finstermünz
Durch die Erbauung der neuen Reschenstraße (1853/54), im Hintergrund sichtbar, hatte Altfinstermünz seine strategische Bedeutung verloren.

© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Erreichbarkeit als Wanderziel:

Die Anlage von Alt-Finstermünz ist nicht einfach zu erreichen: Die Wege zur Anlage sind kaum beschildert und nur zu Fuss zu erreichen. Sowohl von der Reschenstrasse als auch der Strasse nach St. Moritz ist die Anlage durch die Schluchtlage nicht einsehbar. Es gibt zwei Varianten Alt-Finstermünz zu erreichen:

I) Reschenstrasse - Hochfinstermünz:

Auf der Reschenstrasse von Pfunds nach Nauders liegt unmittelbar zwischen den Gallerien die Anlage "Hochfinstermünz", die selbst höchst sehenswert ist. Dort gibt es beim "K. K. Post- & Telegrafen Amt" Parkmöglichkeiten. (beschildert "Nur für Gäste", folglich ist Nachfrage oder Einkehr beim ohnehin sehr gemütlichen Gasthaus nötig. Anm.: Gasthaus derzeit geschlossen). Von dort führt zwischen dem Post- und Telegrafenamt und der Kapelle ein Steig 20 Minuten nach Alt-Finstermünz.

Hochfinstermünz © www.SAGEN.at

Hochfinstermünz, Hotel Pension
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Hochfinstermünz © www.SAGEN.at

Hochfinstermünz
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Werbetext 1932:
"Luft-Kurort Hochfinstermünz
Mit Alpenhotel Hochfinstermünz
An der staubfreien Straße Landeck - Meran mitten im Tannen- und Lärchenwald. Gutgeführtes bürgerliches Haus, hat Post und Telegraph, Trafik, kath. Kapelle, große Speiseräume, drei offene Veranden, Salon, Lesezimmer, Rauchzimmer, Dunkelkammer mit Photo-Utensilien, Garagen und Boxen für 15 Auto, Shell-Benzin, Dynamin, Aral und verschiedene Öle. Schönste Aussicht ins Engadin, viele Spaziergänge, großer Park mit Liegestühlen, Tennisplatz, Schwimmbad, gutes Familienhotel für länger. Aufenthalt, Diätkost, Mittagessen von S 3.- bis S 6.- je nach Menu. Sehr geeignet für Gesellschaften. Im Hotel sind viele sehenswerte Jagdtrophäen sowie ein lebender Adler. Finstermünz, der älteste Paß-Übergang Europas, mit der alten Zollbrücke an der Römerstraße, oben am Felsen Schloß Siegmundseck. Schlittenverbindung mit dem Samnauntal." 5)

"Verwehter Glanz - Frau Emmi und das Alpenhotel"
Dokumentarfilm von Erwin Rehling und Gerburg Rosa Schwägerl, Österreich 2003
Der Film erzählt die Geschichte des Tiroler Alpenhotels Hochfinstermünz und seiner 72jährigen Besitzerin Emmi Priebsch. Mit Humor, Offenheit und Klugheit einer "Wirtin aus Leib und Seele", inmitten eines Sammelsuriums aufschlussreicher-kurioser Gegenstände aus glanzvollen Tagen, gibt Emmi einen Schatz von kleinen Alltagsgeschichten bis hin zu schier unglaublichen Ereignissen preis. Sie erinnert sich an Eltern, Personal und Gäste, Luis Trenkers Sohn Ferdinand denkt an Drehtage seines Vaters auf Hochfinstermünz. Alte Fotografien und Gästebücher zeugen von der Vergangenheit. Auch das mit Sorgfalt instand gehaltene Originalmobiliar und die Ansammlung kurioser Gegenstände tragen alle Spuren von früher. Als zum Betrieb noch eine eigene Landwirtschaft, Poststelle, Relaisstation und Tennisplatz gehörten, als sich noch keine Autokolonnen am Haus vorbeischoben. Mit einiger Mühe und unverwüstlicher Gastfreundschaft hält Emmi den Betrieb noch immer am Laufen.

Hinweis: Dokumentation zu Hochfinstermünz: "Frau Emmi und das Hotel Hochfinstermünz" auf SAGEN.at.

Hochfinstermünz © www.SAGEN.at

Hochfinstermünz
Aufschrift am sehenswerten Postamt
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

K. K. POST- & Telegrafen Amt © www.SAGEN.at

K. K. Post- & Telegrafen Amt
Hochfinstermünz
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

II) Von der Strasse nach St. Moritz

Richtung Nauders zweigen kurz vor der Kajetansbrücke rechts die Strasse nach Samnaun (Schweiz) und die Strasse nach St. Moritz über Martina (Schweiz) ab. Bei der zweiten Abfahrt Richtung St. Moritz abzweigen. Unmittelbar nach der Abzweigung ist ein österreichisches Zollamt (EU-Aussengrenze, daher Ausweispflicht!). Nach etwa 2 km ist auf der linken Seite ein unscheinbarer Parkplatz.

Alt Finstermünz, Wegweiser © www.SAGEN.at

Der Wegweiser nach Altfinstermünz steht (unglücklich) von der Strasse nicht einsehbar
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Von hier ist die "Via Claudia Augusta" etwa 15 min bis nach Alt-Finstermünz leicht und eben begehbar.

III) Abstieg nach Schalkl

Ein Abstieg von der unter 2) beschriebenen Strasse beim Wegweiser "Schalkl" kurz vor dem Finstermünzpaß (Abzweigung nach Samnaun) ist nicht ratsam. Dieser Steig ist zwar landschaftlich sehr reizvoll, aber nicht gepflegt und sehr steil, daher nur für geübte Wanderer.

IV) Wanderung zur Festung Nauders

Von der Wanderroute I aus ergibt sich die Möglichkeit, zur Festung Nauders weiterzuwandern. Der Abschnitt auf der Via Claudia Augusta von Altfinstermünz zur Feste Nauders ist leicht ansteigend entlang der alten Straße und über den Unteren Lahnstrich. Es besteht auch die Möglichkeit auf der aufgelassenen Bundesstraße entlang der alten Lawinengalerie zu gehen. Hier passiert man Klammli Egg, eine Kanzel an der alten aufgelassenen Bundesstrasse. 30 Höhenmeter unterhalb der Kanzel hat Armon Planta aus Sent den römischen und mittelalterlichen Straßenkörper freigelegt. Die Schleifspuren der römischen (65 cm) und mittelalterlichen Achsnaben (30 cm) sind im bergseitigen Fels sichtbar. 1)

Die Feste Nauders wurde zwischen 1836 und 1840 als Straßensperre an der neuen Reschenstrasse erbaut und ist das einzige Zeugnis des Festungsbaus der Monarchie auf heutigem österreichischen Staatsgebiet. 1)

Festung Nauders © www.SAGEN.at

Sperrfort an der Paßstrasse. Mächtiger mehrgeschossiger Steinquaderbau mit Schießscharten.
Als Straßensperre 1834 - 1840 zeitgleich mit der Franzensfeste am Eingang ins Pustertal an der Brennerlinie errichtet.
Fünfstöckiges im Berginneren weit verzweigtes Gebäude, das bis zu zwanzig Meter in den Fels reicht.
Heute Museum (Militärmuseum) und ua. Ausstellung "Verkehr über den Reschenpass" (Führungen Sonntag und Mittwoch 15.00)
Hier sind auch letzte Reste der St.-Nikolaus-Wand zu sehen, eine Verteidigungsmauer, die den Burgfrieden von Alt-Finstermünz eingrenzte. 5)
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Festung Nauders © www.SAGEN.at

Kaserne zur Feste Nauders. Biedermeierstil. 1840 errichtet.
Reste der Niklasmauer.
© Wolfgang Morscher, 29. Oktober 2004

Link: Verein Altfinstermünz

Fragen und Diskussion zum Thema in unserem Forum!

Quellen:
1) Kulturgüter in Tirol, Entlang der Via Claudia Augusta, Zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto entlang der Via Claudia Augusta durch die Bezirke Reutte, Imst und Landeck. Verein Miar, Herta Arnold, Elisabeth Walde, Karl Wiesauer, Gerald Grabherr. S. 67 - 68.
2) DEHIO-Tirol, Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Tirol, Wien 1980. S. 550 ff.
3) Weingartner Josef, Die Burgen Tirols, Ein Burgenführer durch Nord-, Ost-, und Südtirol, Innsbruck 1981. S. 154 - 155.
4) Altfinstermünz wird jetzt zu einer historischen Erlebniswelt, Grenzfestung bringt Regionen zusammen. Paul Schranz in Kurier, Ausgabe Tirol, 18. September 2004.
5) Nauders am Reschen-Scheideck, Tirol. Historisch-geographische Skizze mit Führer. Hermann v. Tschiggfrey, Innsbruck 1932.
6) Die Orts- und Flurnamen von Nauders, Guntram A. Plangg, Gerhard Rampl, Robert Klien. (Arbeitspapiere der Romanistik Innsbruck 25 herausgegeben von Guntram A. Plangg). Innsbruck 2004
[Link] Via Claudia Augusta