261. Die Teichfrau von Admontbühel.

Ein herrschaftlicher Diener von Admontbühel bei Obdach erhielt in der Kar- oder Osterwoche den Auftrag, den Schloßteich abzulassen, auf daß man des andern Tags in der Früh leichter „fröscheln“ *) könne. Der Diener war sehr angestrengt in seiner Arbeit und konnte erst in später Stunde den Auftrag ausführen. Als er nun das Wasser des Schloßteiches ablassen wollte, begann die Oberfläche des Wassers zuerst sich zu kreiseln, wurde dann immer unruhiger, und endlich tauchte in der Mitte des Teiches die Gestalt einer weißen Frau aus dem Wasser empor welche in beiden Händen einen langen Stock hatte. Der Diener erschrak und eilte entsetzt in den Pfarrhof, um diese Erscheinung dem Pfarrer, der zugleich auch Verwalter des Schlosses war, mitzuteilen. Als er das Haustor aufgemacht und in das Vorhaus getreten, wurde es plötzlich stark finster um ihn her; er konnte weder Tür noch Stiege finden, auch zum Haustor nicht wieder hinaus und mußte demnach im Vorhause bis zum Anbruche des Morgens verweilen, wo ihn die Dienstleute bleich und verstört auf dem Boden liegend fanden, Der Schrecken hatte ihn aufs Krankenlager geworfen, von dem er nicht sobald aufstand. Wie einige alte Leute erzählen, wäre es derselbe Diener gewesen, dessen Frau sich später erhenkt hatte, und hatte die Teichfrau durch ihr Erscheinen dieses Unglück „andeuten“ oder vorher anzeigen wollen.

*) Fröscheln - Frösche fangen.

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Quelle: Johann Krainz, Mythen und Sagen aus dem steirischen Hochlande, Bruck an der Mur 1880.
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