Die sieben Hasen oder Rößln von St. Michael

In der Wachau war einstmals ein so strenger Winter, daß der Schnee sich bis über die Kirche von St. Michael hinauf angehäuft hat. Die Hasen sind damals über das Kirchendach hinweggelaufen. Da schmolz aber plötzlich der Schnee ab und sieben Hasen konnten nicht mehr herab. Darum sitzen sie heute noch auf dem Dachfirst.

Dachfirst von St. Michael ©  Wolfgang Morscher
Der Dachfirst von St. Michael in der gleichnamigen Ortschaft, Wachau
die sieben Vierbeiner schauen anmutig gen Osten
© Wolfgang Morscher, 1. August 2005

So deutet das Volk die Tiergestalten auf dem vorderen Teile des Gotteshauses. Weil diese aber eigentlich Pferde und Hirschen darstellen, so sagt man auch, dieser merkwürdig Dachschmuck sei zur Erinnerung an einen Herrn "Siebenrößl" von St. Michael angebracht worden, welcher sich um den Kirchenbau besondere Verdienste erworben hätte.

Eine dritte Deutung geht dahin, die Kirche sei schon so alt, daß man zu ihrer Erbauungszeit das Schreiben noch recht selten verstand. Um aber doch den Namen des Baumeisters "Siebenrößl" der Nachwelt zu überliefern, habe er selbst sieben Rößlein auf dem Dache anbringen lassen. Der Erbauer sei samt Frau und Tochter auch in den drei Steinknöpfen verewigt, welche an der Donauseite oben aus den Kirchenmauern herausragen. Und die drei Mumien, welche sich im Beinhause unter der Friedhofkapelle bei der Kirche befinden, werden als die Leichname der Famitie Siebenrößl angesehen.

Quelle: Sagen der Wachau, Hans Plöckinger, Krems a. D. 1926, Nr. 47, S. 57f