26. [Der Teufel ohrfeigt, straft die Neugierigen]

In Amstetten (Nied. Österr.) fährt der Teufel in der Christnacht um zwölf Uhr auf einem feurigen Wagen sitzend herum. Dieser Wagen wird von zwei schwarzen Pferden gezogen, die feurige Augen haben. So erzählte ein Mann aus dem Orte. Wir fragten ihn, ob er schon Gelegenheit gehabt habe, den Teufel auf seiner Spazierfahrt zu sehen. Davor behüte mich Gott, antwortete er; denn der Teufel lässt sich auf seinen Fahrten nicht gerne beobachten und dreht einem jeden, der ihm begegnet, den Hals um, oder kennzeichnet ihn auf irgend eine andere Weise. Bei uns in Amstetten, fuhr er fort, war einmal eine Magd, die wollte gerne den Teufel spazieren fahren sehn. Sie blieb daher in der heiligen Nacht auf, und sah um zwölf Uhr zum Fenster hinaus. Richtig kam der Teufel dahergefahren, und gab ihr eine solche Ohrfeige, daß man des andern Tages alle fünf Finger des Teufels auf der Wange des Mädchens sah.

In Wien, am Eckhäuse der Feldgasse, wo diese in die Mariahilfer Hauptstraße mündet, befindet sich ein großes Marienbild, über dessen Ursprung folgendes gesagt wird.

Nachts um 12 Uhr fuhr an dieser Stelle der Teufel vorbei, und die Tochter eines Fiakers wollte sich davon überzeugen. Als sie nun das rasseln vernahm, öffnete sie das Fenster und sah hinaus. Sie bekam aber eine solche Ohrfeige, dass sie tot aus dem Fenster fiel, und des Morgens sah man eine schwarze Hand auf ihrer Wange eingedrückt. Das Fenster wurde nun vermauert und das Marienbild an dessen Stelle gemalt.Seit der Zeit hat der Spuk aufgehört.

Ein Bild, das früher an einem Hause "zur Kohlgränze" auf der Wieden war, soll eine ähnliche Veranlassung gehabt haben. Der Hausherr, der einmal sehen wollte wie der Teufel umfahre, schaute zum Fenster hinaus. Als er aber den Kopf zurückziehen wollte, war er zu groß geworden. Damit er wieder klein werde, gelobte er ein Christusbild.

Auch in Mauerbach (Nied. Österr.) ist im Kreuzgange der Karthäuser ein schwarzer Wagen gefahren, in welchem zwei Personen saßen. Beide sowie der Kutscher waren schwarz und ohne Kopf. Ein Karthäuser, der sich davon überzeugen wollte, ward mit seinem Kopfe an das Mauerwerk des Fensters befestigt.
Wir finden hier den allgemein verbreiteten Zug der Volkssage, den Ursprung gewisser Denkmale mythisch herzuleiten.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 103f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.