8. [Hut und Stab]

In der Gegend von Tabor und Cheynow (Böhmen) bedienen sich die Fuhrleute und hauptsächlich die Pferdehändler eines sonderbaren Mittels, um ihre Pferde recht feurig zu machen. Sie trachten nämlich die Kleidung eines erhängten Verbrechers zu erlangen. Sie vergraben dann unter der Stallthür den toten Körper des Verbrechers und streichen dreimal mit den Kleidern über den Rücken eines jeden Pferdes gegen die Richtung der Haare.

Man glaubt dort auch, die alten Katzen verwandeln sich in Hechsen, und darum scheuet man sich, sie zu quälen. Einst erschlug ein Bauer seinen alten Kater, worauf die junge Katze das Haus verließ und auf die Brücke lief. Als nun der Postillion kam, rief sie ihm halt zu. Er blieb stehen, und die Katze sprach: geh in jenes Wirtshaus und sage dem Kater, er möchte heute Nacht zur Leiche kommen, der Mirermauer (so nennt man die alten Kater) ist gestorben. Der Postillion wuste nicht, wie ihm geschah, er vollzog aber den Auftrag, und seitdem hat der Wirt seinen Kater nie mehr gesehen. Jenem Bauer aber erschien jedesmal, so oft er durch einen Wald gieng, der Geist des erschlagenen Katers in Gestalt eines großen Mannes mit breitkrämpigem Hute und langem Stabe. Seit dem scheuet man sich die Katzen zu quälen.1)

1) Vergl. Grimm Myth. 634. Über den Stab s. Wolf Beitr. I, 12.
In Vigaun (Oberkrain) darf man eine Katze zwar schlagen , den Schlag aber muß man nach rückwärts führen. Geschieht das nicht, so türmt sich die Katze zu einer ungeheuern Höhe auf, und vertritt dem, der den Schlag nicht nach rückwärts geführt hat, den Weg.


Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 26
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, März 2005.