Beleg 66 - 84 [Begegnungen und Anzeichen]

66. Der Aberglaube, Begegnungen und Anzeichen betreffend, ist in Österreich allgemein.

Wenn einem des Morgens ein Hase oder ein altes Weib begegnet, so bedeutet das Unglück. Am Neujahrstage begegnet man nicht gern einer alten Person.

67. Stehen die Sterne entfernt vom Monde, so geht man ganz zufrieden in's Haus; wenn aber in der Nähe des Mondes mehrere Sterne, namentlich drei stehen, so glaubt man, ein Unglück müsse kommen, es werde ein Feuer in dem Orte ausbrechen und zwar in demselben Augenblicke, als diese Sterne den Mond berühren. Und geschieht irgend ein Unglück, so heißt es: „Hast du nicht die Sterne nahe beim Monde gesehen?“ (Weidenau, Schlesien.)

68. Läuft vor jemandem eine Katze quer über den Weg, so bedeutet das böses. Es ist daher räthlich, den Weg nicht weiter fortzusetzen, oder eine andere Straße einzuschlagen. Es gibt Leute, die das Kreuz auf die Stirne machen, wenn ihnen auf der Straße eine Katze begegnet. (Daselbst.)

Folgendes aus Warnsdorf (69-78):

69. Es ist allgemeiner Glaube, daß derjenige, welcher über ein Grab springt, nicht mehr wächst.

70. Wenn man am Pfingstsonntage sehr früh einen Berg besteigt, so sieht man die Sonne bei. ihrem Aufgange dreimal hüpfen. (S. 302)

71. Wer nüchtern niesen muß, wird noch an demselben Tage beschenkt werden.

72. Derjenige, welcher des Morgens in der rechten Hand ein Zucken verspürt, wird an diesem Tage etwas wegschenken müssen.

73. Derjenige, welcher mit der Gabel auf den Tisch schlägt, ruft die Noth.

74. Wer ein Messer so auf den Tisch legt, daß die Schneide nach oben kommt, thut eine Sünde, denn die armen Seelen müssen barfuß auf der Schneide gehen.

Wenn man über ein Kind springt, das am Boden sitzt, so soll dieses nicht mehr wachsen.

75. Man soll keine leere Wiege wiegen, weil sonst das Kind, welchem die Wiege gehört, bald stirbt.

76. Wenn ein Fremder in die Stube tritt und seinen Stock in einen Winkel stellt, so soll es den ganzen Tag regnen.

77. Schinkenknochen werden in das Wasser geworfen, um den Wassermann zu vertreiben. Dieser soll ein gefallener Engel sein.

78. Lotterienummern werden in Nied. Österr. aus Träumen bestimmt. Z. B. Geld zählen bedeutet 56, weiße Rosen 14, Rosen abbrechen 57 , die Angst 90 (d. h. wenn jemand träumt er habe sich geängstigt). Diese Nummern kommen dann bei der nächsten Ziehung heraus. Von ganz besonderem Werte sind diejenigen Nummern, welche man im Traume geschrieben oder gedruckt sieht, auch solche, welche man im Traume nennen hört. Wenn jemand von einer verstorbenen Person träumt, so soll er das Datum des Namenstages des verstorbenen, das seines Sterbetages, und die Zahl seiner Lebensjahre setzen. Diejenigen, welche auf diese Weise in die Lotterie setzen, beobachten meistens sehr streng die Regel, nie jemandem einen solchen Traum zu erzählen, oder die Nummern zu sagen, welche sie setzen.

Ein Zwiebel wird zur Zeit des Vollmondes zuerst in's Wasser, dann in die Erde gelegt; nach 9 Tagen nimmt man sie heraus und kann aus den Verschlingungen der Zwiebelwurzel Nummern erblicken. (Sivering)

79. An Weihnachtabenden füllt man ein Gefäß mit Wasser und wirft so lange einen Zwanziger, auf welchem das Muttergottesbild ist. in das Wasser, bis er von selbst zurückprallt. Die Würfe zählt man, und setzt die Zahl, bei der er zurückprallt, in die Lotterie. Prallt z. B. der Zwanziger erst beim sechstenmale zurück, so setzt man die Nummer sechs. Auch sagen die Landleute, daß derjenige, der am Weihnachtabende einen Apfel auseinander schneidet und beim schneiden den Fruchtkern verletzt, im künftigen Jahre sterben müsse. (Miltigau bei Eger.)

80. In die Knödel, welche am Thomasabend gekocht werden, steckt man Zettel mit Nummern. Derjenige Knödel, der beim kochen zuerst an die Oberfläche des Wassers kommt, enthält die Nummer, die in die Lotterie zu setzen ist. (Egerer Kreis in Böhmen,)

81. Daß der Aberglaube dem Spiele des Zufalls vertraut, geht auch aus folgenden Belegen hervor.

In der Gegend um Brüx (im Oberlande Böhmens) werden am Neujahrsabend gewisse Gegenstände unter Töpfe gethan. Die Neugierigen dürfen aber nicht sehen, was unter einem Topfe ist, und müssen sich daher entfernen. Dann wird einer gerufen und er hebt einen der Töpfe auf, und so kommen mehrere Personen an die Reihe, jeder aber nur dreimal. Findet er mehrmals denselben Gegenstand unter dem Topfe, z. B. Geld, so wird er das ganze Jahr Geld haben; wer mehrmals Brot findet, wird keinen Mangel haben; wer aber einen Kamm findet, dem wird es nicht gut gehen. Die Deutung des Kammes gibt zu lautem Gelächter Anlaß.

82. Außer dem „latschen“ (Schuhwerfen) besteht in Freudenthal (Schlesien) das Lahmgläsle heben. Man nimmt drei Gläser. Unter eines legt man Lehm, unter das zweite Geld und unter ein drittes Brot. Mit verbundenen Augen wird nun ein Lahmgläsle gehoben und zwar dreimal. Wird das Lehmglas gehoben, so bedeutet das bei reichen einen Hausbau, bei armen den Tod; Geld bedeutet Reichtum; Brot bedeutet keine Noth.

83. Bauern legen des Nachts 12 Häuflein Salz auf den Tisch und schreiben zu jedem Häuflein einen Monat. Des Morgens, wenn sie aufstehen, gehen sie zum Tische, und der Monat bei welchem das Salz zergangen ist, der wird ein nasser Monat, die andern dagegen werden trocken sein. (Jetzelsdorf in Nied. Österr.)

84. Aventin in seiner Chronik 61 berichtet:

Es ist ein gemein Sprichwort vorhanden, das gemeiniglich diejenigen brauchen, so fremde Land bauen wollen oder sollen, die sprechen gern: Ich will ein Feder aufblasen, wo dieselbig hinaus fleugt, will ich nachfahren.

Quelle: Mythen und Bräuche des Volkes in Österreich. Theodor Vernaleken, Wien 1859. S. 352ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Claudia Hackl, Juni 2005.