Das Licht in der Pestkapelle

Ein Franziskanerfrater von Tölz erzählte der Waldherrn-Julie: "Ich mußte in der ganzen Woche vor Weihnachten in Wackersberg auf die Getreidekollektur gehen. Beim Bachbauern blieb ich über Nacht. Um 6 Uhr früh war ich aufgestanden und ging zum Paunbauern hinüber. Wie ich zur Pestkapelle kam, stand diese in einem seltsamen Licht. Es war nicht im geringsten eine natürliche Helle und mir war gar nicht mehr recht geheuer. Ich kniete mich nieder und betete ein paar Vaterunser. Da war die Furcht verschwunden und ich ging getröstet weiter.

Jetzt glaubte ich den Wackersbergern mehr wie zuvor, was sie mir über die Pestkapelle erzählten."

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Die Niggl-Mutter behauptete immer:

Auf jedem Fenster der Pestkapelle brannte frühers bei Nachtzeit ein Wachslicht. Geradeso war es in der Wackersberger Sakristei. Wenn der Meßner morgens zum Gebetläuten ging und die Schlüssel ansteckte, verschwand das Licht.

Auch in der Niklaskirche zu Greiling hat man schon oft die Fenster hell erleuchtet gesehen und die Orgel spielen hören, aber noch niemand hat so freventlich sein und die Tür aufmachen wollen.

Quelle: Sagen aus dem Isarwinkel, Willibald Schmidt, Bad Tölz, 1936, 1979;