18. Das dienstbare Männle.

In einem Bauernhause im Allgäu hielt sich vor alten Zeiten lange Jahre hindurch im Stadel und auf der Heubäne (Heuboden) eine Art Geist, ein kleines Männle, auf, und so lange das im Hause war, hatte man es bei der Fütterung des Viehes gar bequem. Man durfte sich im Winter nämlich nie ums "Futtermachen", das heißt um die Herrichtung und Auflockerung des täglich notwendigen Heues, bekümmern, und wenn die "Futter- und Stallzeit" kam, brauchte man nur von unten auf die Heubäne hinaufzurufen: "Stoffel, wirf Heu herab, aber nicht zuwenig und nicht zuviel!" Und dann warf das Männle für jedes Stück Vieh den ihm zusagenden "Büschel" Heu herab. So lange das Männle diesen Dienst versah, war man im Stalle glücklich, hatte jahraus, jahrein genug Futter und brauchte keine Heunot zu fürchten.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 18, S. 26.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.