245. Ringkampf mit einer Hexe.

Wenn der alte Viktriniser von Riezlern im Sommer in der Mittelalpe auf der Westegg wohnte, pflegte er beim Verlassen der Hütte den Türschlüssel jedesmal in einem Barren im Stall zu verstecken. Nun begab es sich auch einmal, daß er von Riezlern zurückgekehrt war und in dem Barren nach dem Schlüssel langte, dabei aber in eine "Handvoll Huzzen" (Haderlumpen) griff. Verwundert zog er diese hervor, und plötzlich stand ein altes Weiblein vor ihm, die sogleich anfing, mit ihm zu ringen, und ihn hinauswerfen wollte. Allein der Mann war stark und kräftig und auch gut gesegnet, und so obsiegte er und bemeisterte das Weible, das eine Hexe war und sich ihm zuletzt zu erkennen gab. Dabei aber drohte sie ihm gar fürchterlich, alle Hexen würden über ihn kommen und ihn greulich zurichten, wenn er sie verraten würde. Der Viktriniser hat sich denn auch richtig davor gehütet, und noch auf dem Todbette hat er verweigert zu sagen, wer das Weible gewesen war.


Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 245, S. 255f.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.