221. Graf Rudolf von Marstetten.

Auf einer Anhöhe bei Marstetten unweit Aitrach stand ehedem ein schönes Schloß, die Stammburg der Grafen von Marstetten, von wo aus im 13. Jahrhundert Graf Rudolf eine Fahrt ins Morgenland machte. Als dessen Gemahlin sieben Jahre lang vergeblich seiner Rückkehr geharrt hatte, beweinte sie ihn endlich für tot und entschloß sich, zu einer neuen Ehe zu schreiten mit dem Grafen Berthold von Neuffen. Am Morgen des Hochzeitstages erschien aber in der nahen Mühle ein Pilger, der, als er von dem bevorstehenden Hochzeitsfeste vernahm, spornstreichs in das Schloß eilte, sich unter die Gäste mengte und Gelegenheit fand, einen Ring in den Trinkbecher der Braut zu werfen. Dieser Ring war aber sein Ehering, und so ward er als Graf Rudolf erkannt. Berthold erhielt nun die Hand der Tochter statt der Mutter und erbte 1154, da diese das einzige Kind war, die Grafschaft von Marstetten.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 221, S. 230.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.