87. Der Bullemann und der böse Klaus.
In der Gegend um Immenstadt, in den Bergstädten,
auch im Westallgäu und sonst war ehedem der "Bullemann"
eine allgefürchtete Schreckgestalt für die Kinder, die sein
Erscheinen besonders dann fürchteten, wenn sie das Gewissen durch
irgend eine Missetat belastet hatten. Die Furcht vor ihm trieb die Kinder
am Abende vor Dunkelwerden, wo man ihn an irgend einem unheimlichen Orte,
in einem Tobel, im Gebüsch, unter Brücken lauernd dachte, heim,
und die Drohung: "Der Bullemann kommt!" versagte bei den Kleinen
selten ihre Wirkung. Wollte einer mal den Bullemann zum Scherze spielen,
so warf er über den Kopf ein Tuch und fing an zu brummen oder zu
toben. Die Hauptmerkmale der an sich höchst regen Bullemannsvorstellung
lagen gerade in dem Unheimlichen, Lauernden, Heimtückischen und Unbestimmten
seines Wesens, im Gegensatz zu der ganz bestimmten Vorstellung vom Teufel.
Auch wurden die Kinder oft, wenn der Nikolaustag heranrückte, mit
dem "bösen Klaus" "gepregt" (geschreckt) und
bedroht, und so kam es auch einmal vor, daß eine Mutter am Klausenabend
ihr Kind zum Fensterstock hinaushielt und sprach: "Da, Klaus, nimm
das böse Kind!" Zum Entsetzen der Mutter ward ihr aber das Kind
wirklich entrissen und in den Lüften davongetragen. Noch lange vernahm
sie dessen klägliches Geschrei aus den Lüften herab, aber all
ihr Jammern war nun zu spät.
Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen,
Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt
von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 87, S. 91 - 92.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.