Die Felsgravuren im Val Camonica


von Tanja Beinstingl
© Tanja Beinstingl, 2005

•  Die Felsgravuren im Val Camonica
Felsgravuren Teil 1
Felsgravuren Teil 2:

Bei den Jagdszenen finden wir auch öfter Pferde mit bewaffneten Reitern. Auch andere Jagdtechniken können wir von den Zeichnungen ablesen – so wurden Hunde zur Jagd mitgenommen, aber auch das Fallenstellen scheint den Camunnen nicht fremd gewesen zu sein.

Val Camonica, Felsgravur Reiter © Tanja Beinstingl

Val Camonica, Felsgravur Reiter
© Tanja Beinstingl, 2005

Die Labyrinth-Darstellung zeigt zwei duellierende Krieger und symbolisiert wohl den schwierigen Weg der Initiationsriten. Dabei hatten die Jugendlichen, die zur Kriegerkaste gehörten, u. a. oft bewaffnete Duelle als Probe zu bestehen. Diese Einweihungsfeiern können auch mit dem symbolischen Ritualtod als Wiedergeburt zu neuem Leben (bzw. zur vollberechtigten Aufnahme in die Gesellschaft) gedeutet werden.

Val Camonica, Felsgravur Labyrinth © Tanja Beinstingl

Val Camonica, Felsgravur Labyrinth
© Tanja Beinstingl, 2005


Seltsame viereckige Figuren mit einem „Stiel“ auf einer Breitseite deuten die Forscher als Schaufeln. Diese häufige Darstellung eines so banalen Gegenstandes lässt vermuten, dass er auch einen gewissen ideellen Wert hatte – vielleicht war er zum Gebrauch für den Totenkult bestimmt. Er könnte also als Symbol des Todes und des Lebens gelten (in Kulturen, die an Wiedergeburt glauben, nicht unbedingt ein Gegensatz), er könnte aber genauso gut als Prestigeobjekt eine gewisse Macht ausgedrückt haben.

Val Camonica, Felsgravur Schaufel © Tanja Beinstingl

Val Camonica, Felsgravur Schaufel
© Tanja Beinstingl, 2005


Eine ganz besondere Szene scheint hier dargestellt – eine Reihe stehender Figuren mit erhobenen Händen erinnern an eine Zeremonie. Den Kreis zwischen den Beinen der Figuren deuten die Forscher als ein Zeichen für Weiblichkeit. Eine weitere Figur wird unter dieser Gruppe liegend dargestellt – bemerkenswerter Weise befindet sie sich genau in einer Felsrinne, die bei Regen Wasser führt, die anderen Figuren stehen dann am Kanal als ob es das Ufer wäre. Diese Szene gibt viel Anlass für Interpretationen – es könnte hier eine Taufe dargestellt sein, aber auch ein Totenritus, eine weibliche Initiation oder eine Geburt. Der genaue Inhalt dieser aus der Jungsteinzeit (Neolithikum, 4.000-3.000 v. Chr.) stammenden Zeichnung wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.

Val Camonica, Felsgravur Frauen © Tanja Beinstingl

Val Camonica, Felsgravur Frauen
© Tanja Beinstingl, 2005


Einige Darstellungen zeigen einzelne Häuser, andere sogar Dörfer. Die Wissenschaftler sind der Meinung, dass es sich dabei um Holzkonstruktionen handelte, die genaue Verwendung aber bleibt im Unklaren. Sie können als Kornkammern, als Tempel oder schlicht Wohnhäuser gedient haben, auch ihre Größe muss spekulativ bleiben.

Val Camonica, Felsgravur Häuser © Tanja Beinstingl

Val Camonica, Felsgravur Häuser
© Tanja Beinstingl, 2005


Zwei der schönsten Stelen sind in einem kleinen Raum geschützt vor Erosion zu bewundern. Die kleinere Stele, auch „Cemmo 4“ genannt, zeigt zwei klar herausgearbeitete Figuren (Mann und Frau?), die größere davon mit Heiligenschein und umgeben von kleinen Kreisen. Der untere Teil des Steines zeigt einen Hirsch umringt von mehreren Hirschkühen.

Val Camonica, Felsgravur Cemmo © Tanja Beinstingl

Val Camonica, Felsgravur Cemmo
© Tanja Beinstingl, 2005


Der zweite, größere Menhir zeigt lange Reihen von Personen, manche mit „Heiligenschein“ und geöffneten Armen, die sich verbinden. Dies könnte die Darstellung einer rituellen Zeremonie sein.

Val Camonica, Felsgravur Stele © Tanja Beinstingl

Val Camonica, Felsgravur Stele
© Tanja Beinstingl, 2005



  © Tanja Beinstingl, 2005