Sebastian (20. Jänner)

ist sich selber sein Attribut, denn man findet ihn kaum anders dargestellt, als entblößt an einen Stamm gefesselt und mit Pfeilen bespickt.

Sebastian, ein gebürtiger Gallier, trat in das römische Heer ein und erreichte bald den Grad eines Obersten in der Leibgarde des Kaisers Diokletian. Als dieser erfuhr, daß Sebastian Christ geworden war, befahl er, ihn zu tüten. Als Soldaten benützte man ihn als Ziel für die Pfeile mauretanischer Bogenschützen. Am ganzen Leibe durchbohrt ließ man ihn liegen. Als man ihn aber nachts begraben wollte, lebte er noch. Er genas von den vielen Wunden. Soll dann sogar dem Kaiser vorgehalten haben, wie ungerecht er die Christen behandle. Jedenfalls ließ er ihn mit Stockhieben töten.

Wie wurde nun dieser Oberst oberster Pest-Patron?

Bei den Griechen und Juden galten die Pfeile als Sinnbild einer heranschwirrenden plötzlichen Krankheit, vor allem der Pest.

Der Gott Apollo schoß neun Tage Pfeil um Pfeil auf die Achäer und entflammte "unzählige Totenfeuer".

Und im 91. Psalm steht noch deutlicher: "Daß der Herr dein Schirm und Schild sei vor seinen Pfeilen, vor der Pestilenz, die im 3mstern schleicht, vor der Seuche, die im Mittag verderbt!"

Was liegt daher näher, als daß das Volk den Märtyrer als Patron gegen die "Pfeile Gottes", die Pest, anrief, dem diese nichts anzuhaben vermochten, ja. der davon genaß [genas]. Dies geschah erstmalig um 680 bei der großen Pest in Rom. Die Blütezeit des Sebastian-Kultes als Pestpatron fällt natürlich in die Tage der großen Pestzeiten vom 15. bis in das 17. Jahrhundert.

Als Talismann gegen alle ansteckenden Krankheiten wurden bis in neuere Zeit am Tage des Heiligen "Sebastianpfeile" geweiht, kleine Pfeile aus Metall, mit denen man sich die Stirne berührte und die man immer in der Tasche trug, auch als Anhänger an der Uhrkette. In der Sterzinger Spitalkirche ist es heute noch Brauch. Wachsblumen an den Pfeilen der Statue Sebastians aufzuhängen.

Siehe Bauernkalender 20. Januar

Besonders gern trank man die Sebastiani-Minne, einen Wein, der vorher in die Hirnschale des Heiligen gegossen worden war; sie ist in Ebersberg (Oberbayern) aufbewahrt. Im Klarissenkloster zu Brixen wird am Sebastianstage Wein geweiht und es werden dabei Reliquien und ein Silberpfeil mit eingeprägtem S. S. (St. Sebastian) in den Wein getaucht.

Warum soll ein so großer Heiliger, der auch unter den vierzehn Nothelfern zu finden ist, nicht auch bei Viehseuchensfich bewähren? In solcher Gefahr wurde dem Vieh Sebastiani-Wasser in den Viehtrank gemischt.

Als Nothelfer bewährte sich Sebastian an einem Bauer von Welschnofen. Unbekümmert um das Fest des Heiligen führte er am 20. Jänner mit seinen Ochsen Holz aus dem Walde und fuhr über den zugefrorenen See. Da fing das Eis an zu krachen, das Fuhrwerk zu sinken. Mann und Vieh drohten unterzugehen. In solcher Not gelobte er dem hl. Sebastian, mitten in seiner besten Wiese ein Kirchlein zu bauen, wenn er gerettet würde. Und siehe, Holz. Wagen und Ochsen versanken, aber der Bauer kam davon, hielt sein Gelöbnis und so entstand das Kirchlein mitten in der Wiese.

Anderweitig in der Welt war das Eis schon längst gebrochen und waren viele Kirchen und Kapellen dem Heiligen zu Ehren errichtet worden. An verschiedenen Orten wurden Sebastiani-Bruderschaften gegründet, die sich vielfach auch als Pest-Bruderschaften betätigten. Alle diese feiern am 29. Jänner ihren Kirchtag. Viele Andächtige pilgern da nach Sarns, Luttach, Unterinn, Tscherms, Schlanders und besonders nach Sterzing. Ob eines Pestgelöbnisses fastet man an diesem Tage in Gummer und Steinegg.

Der Pfeil-Heilige wurde auch Schutzpatron der Schützen, die sein Bildnis in der Fahne führen. Die einst vom 14. bis 16. Jahrhundert hinein blühenden Schützen-Bruderschaften verfielen mit dem Untergange der Ritterschaft.

Sollte bei dem Ausklange des Adventkreises mit Sebastiani noch ein Weihnachtszelten im Hause sein, wird er als letzter heute angeschnitten.

"Fabian und Sebastian
Schneiden den letzten Zelten an,
Treiben den Saft im Baum hinan,
Schüren den größten Block an."

Ja, gilt auch Sebastian als der kälteste Tag im Winter, aber dessen dunkelste, unheimlichste Zeit ist vorüber, die Sonne schießt schon wärmere, glänzendere Pfeile hernieder und die Buben schneiden schon an den Weiden herum, dem Frühling auf den Pfeifen den ersten Gruß zu bringen und Maria, die nun zu Lichtmeß das neue Jahr einsegnet, ein neues Jahr der Arbeit, die unser aller Segen ist.

Quelle: Heilige im Südtiroler Volksleben, Hans Matscher, Brixen 1961, S. 106ff