772 - Hofer zu Hause


Oberkommandanten noch einmal vorsprach. Auch ihm bangte um Hofer, wenn er in der Heimat blieb. Man werde ihm da, stellte er vor, keine Ruhe lassen; besser wäre es, sie gingen beide nach Österreich. Da sei für ihn kein Durchkommen, wandte Hofer unwillig ein. Darauf riet auch Purtscher, er möge sich mit Beseitigung des Bartes unkenntlich machen. Das mag i nit, brummte es ihm entgegen. Nun machte der besorgte Adjutant andere Vorschläge: sie wollten nach Bayern gehen, wo man viel Nützliches für das Land wirken könnte, oder zum Vizekönig, wozu sie ja die von Danei mitgebrachten Pässe gebrauchen könnten. Alles prallte am Sandwirt ab, der das Gespräch mit den Worten beendete: Es ist ja Amnestie, mir geschieht nichts; du aber geh nach Hause, wir kommen wieder zusammen; denn ich brauche dich, wenn ich Rechnung legen muss. Noch ein zweites wollte Purtscher betreiben. Als armer Schulmeister war er einst ausgezogen, trotz seines Vorrückens zum Hauptmann und Adjutanten kehrte er noch ärmer nach Hause. Da erinnerte er sich des Geldes, das Roschmann bei Hofer zurückgelassen und wagte eine Bitte. Goldstücke oder Papier bekam er nicht, aber der Sandwirt ging in den Stall und holte ein schlecht gesatteltes Pferd. Nimm das, damit du nicht zu Fuß nach Hause gehen musst, also verabschiedete er seinen Adjutanten, der darüber wenig froh war, und half ihm noch selbst in den Sattel.

Die ersten zwei Tage von Hofers Aufenthalt im Schoss der Seinigen schienen die Ahnungen der Schwarzseher zu widerlegen. Passeier und das Burggrafenamt standen im Zeichen der Unterwerfung, Kompagnien, eben noch mobil gemacht, nahmen den Abschied. 1) Man ging daran, die Kriegsgefangenen auszuliefern. Für die bereits angesagten, aus Bozen heranrückenden Franzosen wurde Schlachtvieh requiriert und willig geliefert. 2) Den Sandwirt selbst sieht man daran beteiligt, die Forderungen der Generalität so schnell als möglich zu erfüllen. 3)

Solcher Ruhe erfreuten sich noch nicht alle Landesteile. Wer konnte dies auch von jenem Bauernlager erwarten, das Danei und Sieberer unweit Bruneck hatten passieren müssen? Und wirklich kam es dort an jenem

1) Bezeichnende Notizen bei Johan Hofer a. a. O.: „8. Nov. zog ich wieder mit einer Kompagnie nach Meran, 9. Nov. auf Mölten. Da ist gekommen, dass alles nach Hause gehen soll, denn es sei alles verloren. 10. Nov. nach Hafling, 11. Nov. nach Hause."
2) Zu einem Befehl des Landrichters Joh. v. Mörl an die Gerichtsobrigkeit in Passeier zur Lieferung von Vieh ist 10. Nov. bemerkt: „Der Gerichtsanwalt von Passeier hat bereits 6 Ochsen geliefert." J. St.
3) Anwalt Jos. Gufler bestellt am 10. zwei Männer vom Gerichtsausschuss, dass sie sich mit den Vertretern der anderen Gemeinden eiligst in Bozen vor Vial stellen, welcher gedroht hat, 1000 Mann nach Meran zu senden. Hofer schreibt eigenhändig auf diese Bestellung: „Herr Holzknecht hat also den Brief zu eröffnen und (ein paar Worte unleserlich) die Angstalten zu treffen und für den Buecher hauptmann andern zu bestimmen, wo nicht er selbst gehen will. Andere Hofer." J. St.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 772

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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