634 - In der Hofburg


wurde vor den nachdrängenden Scharen Haspingers in der Eile verrammelt. Aber die Tiroler gewährten dem Feinde die Ruhe nicht. Indes Margreiter und Haspinger der Stadtbesatzung heftig zusetzten, fiel Speckbacher das bayrische Lager vom rechtsseitigen Walde aus an. An Lefebres Seite wurde Maingrenot verwundet. 1) Unter ununterbrochenem Gefecht musste der Marsch fortgesetzt werden.2) Erst als die Bayern von Kundl an die Wörgler Ebene betraten, hörten die Attacken auf. Am 18. trennte sich die Armee. Deroy zog über Kufstein, Lefebre über St. Johann und Lofer. Feindliche Begegnung erfuhren sie nicht mehr. Am 20. ritt der Marschall mit einem Teil der Division Kronprinz und den Sachsen in Salzburg ein.3)

Hofer ging am 16. nach Hall. Es geschah wohl nicht, um sich etwa an der Verfolgungsaktion gegen den abziehenden Feind zu beteiligen, sondern um an Stelle des nach Unterinntal abgegangenen Haspinger, dem auch Straub sich angeschlossen, die noch wenig verbürgte Sicherheit in dieser Stadt zu befestigen. Des folgenden Tages nach Innsbruck zurückgekehrt, bezog er die Hofburg, nicht so sehr aus freier Wahl, sondern von jenen bewogen, welche ihn zum Gouverneur des Landes wünschten. Im Palast schlug also der Sandwirt sein patriarchalisches Haus- und Staatswesen auf. Ihm, dem bisher, wenn von Hause abwesend, nur Einkehrwirtshäuser zur Wohnung gedient, mag es anfangs in der Burg gar seltsam, wenn nicht unheimlich vorgekommen sein. 4) Es war ihm daher Trost und Bedürfnis, stets von seinesgleichen umgeben zu sein. Er wies also seinen Bestvertrauten bei sich Quartier an. Sie waren seine ständigen Berater, mit ihnen führte er ein Leben nach altväterlicher Sitte. Zu seinen Sekretären wählte er Matthias Delama und den Schullehrer Purtscher, eigentlich die einzigen Nicht-Bauern in seinem intimen Kreise, die als solche schon in ihrer Tracht — Purtscher trug noch den Haarzopf — erkennbar waren. Beide waren fleißige Arbeiter und führten eine hinreichend gewandte Feder. Delama schrieb vornehmlich Aufrufe und öffentliche Kundmachungen, Purtscher, seit dem 15. August zum Hauptmann ernannt, besorgte die Korrespondenz, die Abfassung von Verträgen und die Ausfertigung der Erledigungen. 5) Hofer selbst, seiner geringen Schreibkunst sich wohl bewusst, begnügte sich meist, seine Unterschrift zu zeichnen, mitunter setzte er ihr einige Worte

1) Weinbach a. a. O.
2) Den aus Rattenberg abziehenden Bayern schloss sich der Richter Inama an, da er als bayrisch Gesinnter die Bauern zu fürchten hatte. Bericht Donnersbergs M. St.
3) Eines der Sachsenbataillone zählte noch 75 Mann. Schauroth a. a. O.
4) Nach den Mém. de Mais verargten es anfangs die Bauern sehr dem Sandwirt, dass er die Burg bezogen.
5) Schriften aus dem Hause Delamas in A. G.; Schriften Purtschers in A. W. Roschmann belobte Purtschers Ordnung in Kanzleisachen und verehrte ihm als Zeichen der Zufriedenheit im Oktober zehn Dukaten.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 634

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.