598 - Abzug der königlichen Kommission


Teil unbedingt zu bleiben und Drouet zu Pferde zu begleiten. Namentlich besorgt zeigte er sich um Dipauli, der als Tiroler einer doppelt großen Gefahr ausgesetzt schien, aber trotzdem erklärte, an der Seite seines Chefs ausharren zu wollen. Während des Tages mehrten sich die Zeichen des herannahenden Sturmes. Auf den von Zirl zurückkehrenden Deroy war bei Kranewitten geschossen worden; am andern Ufer, bei der Gallwiese, zeigten sich bewaffnete Bauernrotten. Trentinaglia drängte zu Abreise. Und so verzichtete selbst Rechberg, den Franzosen weiter Gefolgschaft zu leisten, er und alle Mitglieder der Kommission verließen Innsbruck noch am Nachmittag und fuhren, nicht ohne Furcht im untern Inntal angehalten zu werden, ohne Unterbrechung bis Fischbach. Ganze Wagenreihen brachten Verwundete vom Brenner und von Oberinntal; die meisten Verletzungen rührten von den stürzenden Steinen. Nun wird, meinte ein Bäuerlein, der Lefebre wohl ausschreiben, dass alle Felsen abgeliefert werden sollen. l) Die Spitalrequisiten wurden schon zu wenig, sodass Drouet unter der Drohung, private Krankenpflege zu beanspruchen, den Innsbruckern Gebrauchsgegenstände abforderte. 2)

Die Bayern, so schreibt ein Innsbrucker in sein Tagebuch (10. Aug.), scheinen allen Mut verloren zu haben. Die Weisungen Drouets bestätigen es. Noch in der Nacht zum 10. hatte er von Deroy aus Zirl den ungeschminkten Rapport über alle die Unfälle bekommen, welche über die abgesandten Truppen hereingebrochen waren. Vom Marschall, antwortet er, noch immer keine Nachrichten; aber die Entfernung, die ihn von Deroy trenne, sei kurz genug, damit sie sich im Notfalle gegenseitig unterstützen könnten. Besonders wichtig erscheint ihm die Deckung der Deboucheen von Axams, weil dem Vernehmen nach die Tiroler von dort hervorbrechen wollen. 3) Ein zweites Schreiben, nur wenige Stunden jünger, klagt abermals über das Ausbleiben der Meldungen aus Sterzing: 4) „Möglicherweise unterhandelt der Marschall mit dem Sandwirt; wenn Sie angegriffen würden, so wäre es erforderlich, den Tirolern bekannt zu

1) Knoflach verzeichnet seine Stimmung in diesen Tagen: „Mich dauern nur die guten Sachsen. Sie fluchen über die Verbindung mit Frankreich (verschrieben steht hier „Sachsen"). Ei, wären sie Deutsche geblieben wie wir Tiroler. Ich bin stolz darauf, ein Tiroler zu sein, wenn schon alles uns als Rebellen verflucht. Meine herrlichen Landsleute haben sie in Schrecken gesetzt. Dank dir Gott im Himmel dass ich ein Tiroler bin! Die ganze Nacht kamen Verwundete aus Oberinntal. Bei Landeck soll gekämpft worden sein. Es ist unbegreiflich, wie 24 000 Mann im Land nichts ausrichten können. Jetzt wird wohl eine Bauernregierung beginnen, vielleicht fällt sie besser aus als die unter Hormayr." (Zum 9. und 10. Aug.)
2) Maretich II, 13.
3) Maretich II, 8.
4) Im Verlauf des 10. ordnete Drouet, um endlich Fühlung mit Lefebre zu bekommen, Rekognoszierung der Brennerstrasse an, aber „mit allen Vorsichtsmaßregeln, damit keinerlei misslicher Zufall vorkomme."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 598

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.