306 - Erste Tätlichkeiten bei Hall


verfügte, besuchte Speckbacher noch seine Heimat Gnadenwald; in Absam trafen sie sich wieder. Für den Knecht gab es keinen Aufenthalt, er musste nach Thauer. Speckbacher sah gerade die Knappen vom Salzberg heimwärts gehen, er rief sie zum Stamserwirt und las ihnen, auf einer Bank stehend, den Aufruf vor. Ihnen wie den Nachbarn in Thauer und Mils gab er die Bestimmung, in grauender Morgenstunde durch das Absamer-, Thauerer- und Milser-Tor die Stadt Hall zu überrumpeln, er selbst werde schon zur rechten Zeit jenseits der Haller Brücke einbrechen. Dies verkündet, flog er schon von dannen. Denn die Attacke in Volders, die er für die Nacht angesetzt hatte, wollte er nicht versäumen. 1)

Zu einem, wenn auch belanglosen Zusammenstoß war es schon nachmittags zwischen Hall und Volders gekommen. Die vom abgesagten Holztaiding heimkehrenden Bauern verbreiteten getreulich das Sturmaufgebot. So auch Josef Steinlechner, der seinen Bruder Ignaz mit dem Tagewerker Joachim Pieger und dem Knecht Johann Moser auf dem Felde arbeitend antraf. Während sie sich besprachen, sahen sie eine Patrouille von sechs Mann mit einem Korporal sich nähern. Schnell gefasst meinte Moser, bei denen könnten sie ja anfangen. Sie gingen in das Haus und eröffneten den Plan dem alten Steinlechner und dessen Sohn Johann, der 1805 schon in Scharnitz dabei gewesen. Der Vater, etwas bedenklich, schickte sie zu Nachbarn, sie sollten beim Matthias Klotz, dem Stiftsmaier, näheren Bescheid holen. So taten sie, aber sie wollten sich auch mit Waffen versehen. Die beiden Brüder nahmen Flinten, Pulver hatten sie noch keines, der Taglöhner und der Knecht nahmen Stecken zu sich. Wie sie nun dem Stiftsmaier ihr Geheimnis offenbarten, meinte er gleich: ja freilich anpacken, ergriff selbst eine Mistgabel und schloss sich ihnen an. Als sechsten im Bunde gewannen sie noch den auf dem Acker beschäftigten Knecht des Nachbars Angerbauer, welcher ein Holzscheit ergriff und sich ihnen anschloss. In dieser primitiven Verfassung erwarteten sie bei der Borgiaskapelle die Soldaten. Als dieselben herankamen, fragten sie die Bursche, was sie da wollten. Diese waren gleich mit einer Antwort gefasst: sie hätten den Befehl, nichts passieren zu lassen. Der Korporal, der vielleicht an einen Scherz dachte, entgegnete, sie möchten nur ruhig sein, es geschehe ihnen nichts. Allein die sechs wollten Ernst machen und forderten die Ablegung der Gewehre. Auf das hin wandten sich die Soldaten um, als wollten sie nach Volders ziehen. Die Bursche setzten ihnen nach und machten sich daran, ihnen die Gewehrläufe zu entreißen. Der Korporal kommandierte Feuer, und Pieger sank zu Tode getroffen dahin. Aber auch einer der Bayern, den ein Bursche als seinen Gefangenen umklammert hielt, erhielt

1) „Berichtigungen zu Rapps Werk" Schützenzeitung 1853, Nr. 43.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 306

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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