260 - Hormayrs Publizistik


Die seltsamsten Gerüchte durchflogen das Land. Bekannt war auch schon Napoleons Bruch mit dem Papst, wenngleich die letzten entscheidenden Schritte des Imperators noch nicht erfolgt waren. Das alles war Wasser auf Hormayrs publizistische Mühle. Je gewaltiger etwas wirken konnte, desto erwünschter war es. Nur Posaunenstöße hatten einen Wert. Einmal übersendet der Freiherr dem Erzherzog eine Flugschrift. Vieles darin, so schreibt er, ist gut, aber viel zu wenig bündig und energisch und „von jener Halb- und Dreiviertelcourage beseelt, die dem Augenblick nicht genug tut“. Hormayr hofft, es werde nun von Woche zu Woche „um eine Oktav höher“ gehen. Die Aktenstücke zur Beleuchtung des spanischen Aufstandes und Napoleons Korrespondenz mit dem Papst werden von Hormayr übersetzt und für eine Massenverbreitung hergerichtet. 1) In Wien gedruckt, gehen sie nach Graz, damit der Erzherzog sie weiter versende. Johann zweifelt nicht, dass „die zahlreichen Misshandlungen Spaniens und des Heiligen Vaters durch die Franzosen die beabsichtigte Wirkung auf das biedere Volk“ üben werden. Trauner und Fellner müssen mit diesen Drucksachen Tirol versehen. Aber die „Verbreitung soll so geschehen, dass man die ursprünglichen Werkzeuge dieser Verbreitung am wenigsten erraten kann“. „Die spanischen und römischen Aktenstücke sind am meisten geeignet für Geistliche, für anerkanntermaßen gut denkende Honoratioren, für die wenigen gutgesinnten Beamten und endlich für die sogenannten Bauernkönige, die in ihren Gerichten den Ton angeben und den zweckmäßigen Gebrauch dieser Piecen für die weniger unterrichtete und daher weniger empfängliche Menge machen werden“. 2) Auch eine volkstümliche Ausgabe der Geschichte des Vendeer Krieges besorgte Hormayr und versah sie mit einer „kurzen aber energischen“ Vorrede, welche, um den „Zweck desto sicherer zu erreichen, die Vorteile des Gebirgskrieges und das Übergewicht des Volkskrieges ins hellste Licht stellte und zeigte, welche Fehler die Vendeer begingen und dass sie nicht ihren Feinden, sondern diesen Fehlern erlegen sind“. 3)

Trotz erzherzoglicher und ministerieller Approbation hatte es Hormayr wegen dieser Arbeiten noch mit der Zensur zu tun, deren Erlaubnis er nur mit „unsäglichem Verdruss“ ausbrachte. Dem „exzellenten“ Schauspiel Zieglers „Thekla die Wienerin" verhalf er aus „den Ängsten der Zensur“ und betrieb seine Aufführung auf den Bühnen der österreichischen Provinzialhauptstädte, um „den Gemeinsinn zu beleben“. Gleiche Wirkung

1) Hormayr an E. Johann (4. März). 2000 Exemplare waren für Tirol bestimmt.
2) E. Johann an Aichold, 22. März 1809. J. M.
3) 21. März legt Hormayr seine Vorrede dem Erzherzog und Stadion vor. Johann bemerkt dazu: „ist recht“.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 260

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.