Die schwarzen Pestboten
Der Muttergottestag mitten im Augustmonat des Jahres 1628 war sehr schön
gewesen und die Bürger und Bürgerinnen der Kolinstadt versammelten
sich am Abend unter der weitschattigen Linde am See und freuten sich des
herrlichen Abends. Nur einer war etwas bekümmert, denn er hatte von
Freunden aus der Rheinstadt Basel schlimme Kunde erhalten. Das schwarze
Gespenst der Pest wütete wieder. Ob dieser bösen Botschaft war
er traurig und als man in ihn drang und ihn aufforderte, den Grund seines
Trübsinns zu sagen und sich damit das Herz zu erleichtern, zögerte
er nicht mehr länger und erzählte von den bösen Kundtschaften,
die er erhalten. Ein jäher Schrecken ging durch die sonst so frohe
Bürgerschaft und langsam ging einer nach dem andern still heimwärts.
Als einige Bürger gegen den See hinabgingen, über dessen stillen
Wogen sich schon die nachtdunklen Schatten senkten, sahen sie zu ihrem
großen Erstaunen ein eigenartiges Schiff mit unbekannten, schwarzen
Gestalten gegen das Ufer fahren. Langsam kam das Boot näher, die
eisernen Ketten klirrten und dem schwankenden Kahn entstiegen drei dunkle
Männer. Kein freundlicher Gruß erscholl, keine freundlichen
Begrüßungsworte wurden gesprochen. Der Größte der
drei Boten sprach in düsterm Ton Befehle an seine beiden Begleiter:
"Ich bleibe hier und walte meines Amtes, ihr aber begebt euch aufs
Land und tut, was euch aufgetragen!" Die schrecklichen Boten gingen
weg, das Schiff glitt ins Dunkel der Nacht zurück - und am folgenden
Morgen lagen die ersten Pesttoten auf dem Schrägen. Die Pest war
im Zugerland eingekehrt.
Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 89