Der hohle Baum in Menzingen
Einst stund mitten im Dorf Menzingen ein gewaltiger, schattenreicher Baum. Seine Wurzeln reichten weitherum und wenn ein starker Wind in die Krone des Menzingerbaumes blies, erzitterten ringsumher alle Häuser. Das war für die Dorfleute nicht besonders angenehm. Man beschloß daher, den lästigen Baum zu fällen. Da aber seine Krone überaus weitastig war, fürchtete man für die nächsten Wohnhäuser, sie könnten beim Fällen argen Schaden nehmen. Man riet, zuerst einige der größten Äste abzuschneiden, allein niemand wagte auf den großen, hohen Baum zu klettern, denn er war im Laufe der vielen Jahre innerlich hohl geworden. Da war wirklich guter Rat teuer.
Zum großen Glück der Dorfleute kam just ein winziges Bergmännchen des Wegs über den Menzinger Dorfplatz. Der kleine Wicht konnte es schon wagen, auf den hohlen Baum zu klettern, um ein paar gefährliche Äste abzusägen. Man bat das runzelige Erdmännchen um diese Gefälligkeit und der Kleine erwies den besorgten Dörflern gerne diesen Liebesdienst. Nach getaner Arbeit bat es um seinen wohlverdienten Lohn, den man ihm auch gerne in klingender Münze gab.
Kaum hatte das Erdmännchen seinen Lohn in der Hand, schlüpfte
es wieselflink in den hohlen Baumstrunk und ward von selber Stunde an
nie mehr gesehen.
Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 128