Das elende Kreuz
Nahe bei Cham erhebt sich heute das große Kloster Heiligkreuz.
Früher war dort nur eine kleine Kapelle und in diesem Heiligtum hing
ein lebensgroßes Kreuz, im Volksmund nur "das elende Kreuz"
genannt. Viel Volk strömte hier zusammen und verehrte den Herrn in
seiner furchtbaren Todesangst und in seiner schmerzlichen Kreuzespein.
Von diesem Kreuz berichtet die Legende: Ein Holzschnitzer zu Goldau im
nahen Schwyzerland hatte schon lange den sehnlichsten Wunsch, ein getreues
Abbild des göttlichen Herrn in seiner furchtbaren Marter am Kreuzesholz
zu schaffen. Schon manchmal hatte er die Arbeit angefangen, aber nie wollte
sie ihm gelingen. Er blätterte einst im bekannten Volksbuch von Dr.
Faustus und las, wie der berühmte Meister den Mephistoffel zu allerlei
Diensten gezwungen habe. Er wünschte auch solche Macht zu haben und
den höllischen Diener zu zwingen. Ob seinen Wünschen und seinem
Nachdenken schlief der Schnitzer ein und als er erwachte, lag ein Bild
des Gekreuzigten neben ihm. Nach diesem Bild schuf er das Kreuz, das den
Herrn und Meister in seiner Kreuzesqual darstellte. Das Kreuz, das den
Herrn im Elend zeigte, kam nach Cham und wurde dort zur Verehrung aufgestellt.
Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 15