Ein musikalisches Gespenst
Eine Bauernfrau aus dem Bergdorf Menzingen ging einst mit ihrem Kinde, einem zwölfjährigen Mädchen, nach der Gnadenstätte Maria Einsiedeln wallfahren. Auf dem Wege zog das Kind plötzlich ein Zuckerherz unter seinen Kleidern hervor und aß davon, ohne zu wissen, wer ihm das Geschenk gemacht hatte.
Bald nach der Heimkehr sah das Kind ein altes, runzeliges Weiblein mit einem Wanderstab und einem großen Rosenkranz in der Hand vom nahen Nachbarhaus herkommen. Außer dem Kind konnte niemand das Weiblein sehen. Während der Nacht aber hörten alle jemanden auf den hölzernen Stiegen auf- und abgehen, Türen schließen und auf einem Musikinstrument spielen. Diese und andere Unruhegeräusche verursachten den Hausbewohnern viel Ärger und nicht geringen Schrecken. Der Bauer konnte dem Unruheherd nicht auf die Spur kommen. Da er einen Spuk vermutete, ließ er den Dekan und andere Priester Segnungen und Exorzismen vornehmen. Man durchstöberte auch das ganze Haus und hielt auf dem Hofe strenge Wache. Nach langer Zeit soll dann das musikalische Gespenst verschwunden sein; allein der Bauer habe 500 Gulden Kosten gehabt.
Auch im alten Kaplanenhaus zu Neuheim soll vor Zeiten ein Gespenst des
Nachts rumort haben und auf dem Klavier zum Leidwesen der schlafbedürftigen
Leute gespielt haben.
Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 85