395. Das Wunderkräutlein.

In der Zelg, unterhalb Rieden, stand ehemals eine Scheune. Der Eigentümer hatte in dieser sein Vieh untergebracht, um es da zu füttern und zu pflegen. Er tat das mit vielen Schmerzen; denn er hatte ein "offenes" Bein, das nicht heilen wollte.

Eines Tages saß der Mann vor dem Stall in der Sonne. Da sah er, wie eine Kröte auf ihn zukam, die ein Kräutlein im Maule trug. Mit bittenden Gebärden gab das Tier zu verstehen, daß er ihm das Wunderkräutlein abnehmen und dann auf die Wunde legen soll. Das geschah, und sofort verspürte der Bresthafte eine wunderbare Wirkung. Nach kurzer Zeit war er völlig geheilt. Die Kröte war der gute Hausgeist, der für jeden Schmerz ein Mittel wußte. Leider glaubt unsere Zeit nicht mehr daran, weshalb die Hausgeister heute nicht mehr erscheinen.        
J. Steiner.

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 395, S. 226
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