390. Das wütende Heer.

Ein Bauernsohn besuchte seine Braut. Der Weg führte über Felder und Wiesen und zwar an einer Stelle, wo es nicht geheuer war. Der Bursche redete sich alle Furcht aus und wählte zur Heimkehr absichtlich die Mitternachtstunde vom Donnerstag auf den Freitag. Aber einmal und nicht mehr! Über ihm entstand ein Geräusch und Gelärm, als ob unzählige Vögel ihn verfolgten. Auch der Hut wurde ihm vom Kopfe geschlagen. Eiligen Laufes verließ er die Stelle und kam so mit heiler Haut davon.

Wer das wütende Heer hört, soll sich nicht nach ihm umwenden, jedenfalls nicht mit einer bloßen Wendung des Kopfes; sonst hat er eine gefährliche Geschwulst oder gar eine schwere Krankheit zu erwarten. Wer sich wenden will, der wende den ganzen Körper.
Chr. Lügstenmann.

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 390, S. 225
Digitale Version: © www.SAGEN.at