Heuschreckenplage

Zur Zeit der Heuschreckenplage in Wien gehörte unter anderem reichen Grundbesitz das Buchfeld in der späteren Josefstadt einem adeligen Gutsherrn, der aber wegen seiner Rauheit und Härte allgemein gefürchtet war. Als man ihm nun berichtete, daß seine Knechte die zur Ernte reife Feldfrucht im Stiche gelassen hatten, weil sie von einem gewaltigen Heuschreckenheer vertrieben worden waren, ergrimmte er heftig. Er stieg zu Pferde, nahm seine gekoppelten Hunde mit und schwur unter wilden Flüchen, sowohl der Heuschrecken als auch der ungetreuen Diener Herr zu werden.

Doch als er auf das Buchfeld kam, erhoben sich von allen Seiten die dichten Scharen der gefräßigen Insekten, so daß ihr Flügelrauschen wie niederprasselnder Hagel erklang und selbst die wilden Hunde sich von der Leine rissen und davon rannten. Nur der böse Grundherr sprengte, mit dem Schwert um sich hauend, immer weiter zwischen die Schwärme hinein, die ihn endlich wie schwarze Wetterwolken einhüllten. Erst nach einigen Tagen, als die Heuschrecken jeden Halm abgefressen hatten und, greulichen Gestank zurücklassend, abgezogen waren, fand man inmitten der kahlen Wüste Roß und Reiter wieder, aber beide als Gerippe.

Quelle: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 15, S. 28f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Anja Christina Hautzinger, April 2005