Der Ährenchristus

In der Trinitarierkirche in der Alserstraße befindet sich ein großes Kruzifix, das den Beinamen Ährenchristus führt. Dieser Name rührt von einem Palmenzweig her, der nach der Art einer Kornähre zusammengeflochten ist und am Fuße des Kreuzbildes emporschießt. Das Volk hielt diesen Palmzweig fälschlich für eine Kornähre und benannte das Kruzifix danach. Es war angeblich vor den Protestanten geborgen worden, wurde 1699 in Hermannstadt wieder gefunden und 1708 nach Wien gebracht. Man erzählte sich, daß dort, wo das Kruzifix vergraben war, eine außergewöhnliche Kornähre aus der Erde wuchs, die dann, als man nachgrub, zur Entdeckung des Kultgegenstandes führte. In Wien aber zeigte ein Bienenschwarm den Platz an, wo man das Kruzifix ausstellen sollte. Bis in die Zeit Josephs II. wurden kleine Schleier, die mit dem Kruzifix in Berührung gebracht wurden, als Talisman unter die Gläubigen verteilt und in vielen Nöten, besonders bei schweren Geburten, für heilsam gehalten.

Quelle: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 81, S. 99
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Anja Christina Hautzinger, Mai 2005.