Ein Bäckergeselle entdeckt die Türken

Alte Überlieferungen schreiben bekanntlich drei Bäckergesellen aus Münster in Westfalen einen großen Anteil zu an der Rettung der Kaiserstadt Wien vor den Türken im Jahre 1683. Danach hatten die feindlichen Kriegsscharen nach wiederholten Versuchen, die hart bedrängte Stadt zu stürmen, beschlossen, unter der Stadtmauer her einen Gang zu graben. Durch diesen sollte eine auserlesene Abteilung während der Nacht in die Stadt eindringen, sich des nahen Tores am Roten Turm bemächtigen und durch dasselbe dem türkischen Heere den Eingang ermöglichen. Aber die so klug eingefädelte Geschichte ging dennoch fehl. Bei einem in der Nähe des genannten Turmes wohnenden Bäckermeister waren die Gesellen nächtlicherweile bei der Arbeit, als plötzlich einer derselben, Jürgen Lechther aus Münster in Westfalen, auf ein anhaltendes unterirdisches Geräusch aufmerksam wurde. Es kann nicht wunder nehmen, daß die Gesellen den Zusammenhang sofort errieten. Ohne Verzug gaben sie den Stadtbehörden wie den Truppenführern Kenntnis von ihrer Wahrnehmung, und so kam es, daß die Türken, als sie voller Siegeshoffnung aus dem Gange zutage traten, übel in Empfang genommen wurden. Keiner von ihnen fand den Rückweg wieder, der ganze Anschlag war vereitelt, und am folgenden Tage erschien ein längst erwartetes Entsatzheer unter dem tapferen Könige Johann Sobiesky von Polen, der im Verein mit den kaiserlichen Truppen den Türken eine so entscheidende Niederlage beibrachte, daß sie die Belagerung Wiens aufgeben und von dannen ziehen mußten.

Kaiser Leopold I. wünschte, sich den Bäckergesellen für ihren Anteil an der glücklichen Wendung der Dinge erkenntlich zu zeigen, und forderte sie auf, selbst eine Belohnung zu bestimmen. Da wies Jürgen Lechther daraufhin, daß es gerade ein Montag gewesen sei, an dem sie sich der Kaiserstadt hätten nützlich erweisen können. Deshalb möge den Bäckergesellen für immer ein Montag jährlich zu besonderer Feier freigegeben werden. Diese Bitte wurde gern gewährt, und unter Anerkennung ihrer Mannhaftigkeit und Treue überwies ihnen der Kaiser so reiche Geschenke, daß sie bei der Ankunft in der westfälischen Heimat ihre Absicht, sich selbständig zu machen, zur Ausführung bringen konnten.

Quelle: Brockpähler, Renate, Der "Gute Montag" der Bäckergilde Münster, in: Rheinisch-Westfälische Zeitschrift für Volkskunde, 16 (1969), S. 123 - 163, S. 129

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In diesem Backhause in der Nähe der Stephanskirche entdeckte man zuerst an einem frühen Morgen, daß die Feinde in Anlegung ihrer Minen schon so weit in die Stadt gedrungen waren, daß sie vielleicht von hier aus sich mit leichter Mühe durcharbeiten und in das Herz Wiens eindringen konnten, ehe man es sich versah. Ein Bäckerbursch (seinen Namen hat leider die Geschichte nicht aufbewahrt), der am Morgen in den Keller ging, um Hefe zu holen, vernahm ein unterirdisches Getöse und wurde deswegen stutzig.

Auch der Bursch vor dem Ofen hörte ein ganz ähnliches Geräusch. Aufmerksam gemacht, ging man hinab in den Keller, legte das Ohr auf die Erde, und hörte nun ganz genau das Einschlagen der Mineurs, ja sogar ihre Stimme beim Sprechen. Man zeigte es sofort an und der Ort ward genau untersucht. Würfel, auf eine herbeigebrachte Trommel gelegt, fingen an zu beben von der unterirdischen Bewegung, und man hatte alsbald die feste Überzeugung, daß die Türken bereits mitten unter Wien waren. Sogleich ward hier eine Gegenmine angelegt, und siehe da, kaum vier Schuh tief stieß man auf den vom Feinde ausgehöhlten Gang. Die darin befindlichen Arbeiter wurden auf der Stelle niedergehauen oder durch Rauch erstickt, und die ganze Mine, die Arbeit von mehr als sechs Wochen, für den Feind unbrauchbar gemacht.

Quelle: Brockpähler, Renate, Der "Gute Montag" der Bäckergilde Münster, in: Rheinisch-Westfälische Zeitschrift für Volkskunde, 16 (1969), S. 123 - 163, S. 139