WER HAT'S IHM DENN G'SCHAFFT?

Mein Freund, der Hofsekretär Armbruster, sandte mir das Blatt des "Moniteur" zu, in welchem die Ächtung mit den Worten: "daß wir, wo wir gefunden würden, einem Militärgericht zu unterziehen seien", stand.

Als der Feind sich nicht lange hierauf der Hauptstadt näherte, sah ich wohl ein, daß ich nicht abwarten, sondern fliehen mußte.

Ich war damals ein armer ständischer Akzessist mit 300 Gulden Gehalt und der großen Aussicht auf die bedeutende Verbesserung auf 330 Gulden. Ich besaß daher nicht die Mittel, meine mir doch sehr teure Person in Sicherheit zu bringen. Ich wußte mir nicht Rat, da faßte ich endlich den Entschluß, mich an den Kaiser Franz zu wenden und ihn zu bitten, daß er mich einem der vielen Transporte, welche mit Kunstschätzen und wichtigen Staatsurkunden fast täglich nach Ungarn abgesandt wurden, als Begleiter beigebe.

Der Kaiser hatte die Residenz schon verlassen und befand sich in Totis. Ich machte mich zu Fuß dahin auf und erhielt durch die Verwendung des humanen kaiserlichen Oberstkämmerers Grafen von Wrbna Audienz bei dem Kaiser.

Sein Antlitz drückte deutlich den Kummer über das traurige Schicksal seines Landes aus, und daraus schöpfte ich Hoffnung.

Er fragte: "Wer sind Sie, und was wollen Sie?"

"Ein armer, landständischer Akzessist, der noch nicht einmal seine ganze jährliche Besoldung von 300 Gulden bezieht, weil ihm noch Karenz- und Charaktertexte abgezogen werden."

"Das ist in Ordnung, da kann ich nicht helfen."

"Ich bitte auch um eine ganz andere Hilfe, Eure Majestät! Ich bin leider von dem französischen Machthaber proskribiert worden, mit dem Beisatze, daß ich, wo ich zu finden sei, einem Militärgericht übergeben werden solle. Ich muß also die Flucht ergreifen."

"Natürlich."

"Da mir dieses aber nicht möglich ist, indem ich die Mittel hiezu nicht besitze, so wage ich es, zu bitten, Eure Majestät wollen gnädigst geruhen, mich bei irgendeiner Absendung als Begleiter zu verwenden."

"Sie sind also proskribiert worden, sagen Sie, und warum?"

Ich reichte de- und wehmütig das Blatt des "Moniteurs" hin und sprach: "Hier steht alles, bitte zu lesen."

Der Kaiser las, schüttelte den Kopf, zog die Stirne kraus und stieß dann, indem er mir das Zeitungsblatt zurückgab, barsch die Worte aus: "Ein Kriegslied haben Sie gemacht? Wer hat Ihnen denn das befohlen?"


Quelle: Ignaz Franz Castelli, Memoiren meines Lebens. Gefundenes und Empfundenes. — Wien 1861.
Anmerkung: Einziger schriftlicher Beleg für Kaiser Franz II. angeblichen Ausspruch "Wer hat's ihm denn g'schafft?"