Die Vampir-Kommission

Wien, den 23. April. Nachdem durch die aus Oberschlesien eingegangenen Nachrichten der Ruf ausgebreitet worden, als ob sich dortzulande zu Herrmsdorf einige sogenannte Vampire oder Blutsauger spüren ließen und deswegen von den dortigen Einwohnern die wirkliche Ausgrabung und Verbrennung einiger bei ihnen in Verdacht gefallener Körper vorgenommen worden wäre; so haben Ihre Kaiserlich-Königliche Majestät zu gründlicher Erforschung der Sache eine eigene Kommission von erfahrenen und dem Werke gewachsenen Männern dahin abgeordnet, von welchen nach genauester Untersuchung aller Umstände befunden wurde, daß dieses Vorgeben bloß von der durch die seit vielen Jahren her eingewurzelten betrüblichen Vorurteile und einen sträflichen Aberglauben verderbten Einbildungskraft der dortigen Bauersleute herrühre, folglich auch alles, was davon ausgestreut worden, grundfalsch, und diese greuliche Exekution einzig und allein aus eigenem Antriebe der dortigen Einwohner ohne Vorwissen der gehörigen Landesstände vollzogen worden sei. Welches ärgerliche Beginnen Ihre Majestät nicht nur gegen alle diejenigen, die hieran teilgenommen, scharf geahndet, sondern auch mittels eines an alle Länderrepräsentanten erlassenen Circularrescripts allen sowohl geistlichen als weltlichen Obrigkeiten allergnädigst anbefehlen lassen, daß sie ihre Untergebenen solchen sträflichen und abergläubischen Irrtümern ableiten, auch bei schwerster Ahndung abhalten sollen, auf solche ärgerliche und abergläubische Art künftig zu verfahren.

Quelle: (Vossische Zeitung, Berlin 1755.), Federmann, R. und Schreiber, H., Botschaft aus dem Jenseits, Tübingen 1968, S. 208